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Wann sind Ausbildungskosten Sonderausgaben und wann Werbungskosten?
Zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten wird wie folgt unterschieden:
(1) Ausbildungskosten sind nur die Aufwendungen für die erste berufliche Ausbildung und für ein Erststudium als Erstausbildung. Diese Kosten können Sie als Sonderausgaben absetzen, allerdings nur begrenzt bis zu einem Höchstbetrag von 6.000 Euro.
(2) Fortbildungskosten sind Kosten für alle Bildungsmaßnahmen, die nach der ersten beruflichen Ausbildung oder nach dem Abschluss des ersten Studiums getätigt werden. Das betrifft auch eine Umschulung zu einem anderen Beruf, Bildungsmaßnahmen im ausgeübten Beruf, Weiterbildungen im nicht ausgeübten Beruf oder ein Zweitstudium. Solche Kosten können Sie komplett als Werbungskosten absetzen. Wichtig ist jedoch, dass die Ausgaben in Zusammenhang mit dem Beruf stehen und Sie die Fortbildung nutzen wollen, um Einkünfte zu erzielen.
(3) Erst- oder Zweitstudium? Die Kosten für das Erststudium können Sie als Sonderausgaben nur begrenzt absetzen. Beim Zweitstudium sind die Kosten hingegen immer als Werbungskosten voll absetzbar - vorausgesetzt, es sollen auch Einkünfte erzielt werden. Das Zweit-Studium darf also nicht als Hobby betrieben werden, wie es z.B. manche Rentner machen.
Sie können Sonderausgaben nur im Jahr der Zahlung ansetzen. Wenn Sie also ein Student ohne zu versteuerndes Einkommen sind, haben Sie gar nichts von einem Sonderausgabenabzug. Machen Sie die Ausbildungskosten hingegen als Werbungskosten geltend, können Sie diesen finanziellen Verlust als Verlustvortrag in Ihr erstes Berufsjahr hinüberziehen, in dem Sie Einkommen erzielen. Sie müssen Ihre Aufwendungen dann als vorweggenommene Werbungskosten gelten machen.
Beispiel
Herr A und Frau B sind Studenten. Herr A hat bereits ein Studium abgeschlossen, Frau B nicht. Beide haben im betreffenden Jahr kein zu versteuerndes Einkommen, jedoch 4.500 Euro an Ausbildungskosten. Im Folgejahr haben beide eine ähnlich bezahlte Arbeitsstelle.
Da Frau B ein Erststudium absolviert hat, kann sie die Kosten hierfür nur in dem Jahr, in dem sie anfallen, als Sonderausgaben geltend machen. Ohne zu versteuerndes Einkommen in dem Jahr, hat sie jedoch keinen Steuervorteil.
Herr A hat ein Zweitstudium absolviert. Er kann die Ausbildungskosten in einer Steuererklärung für das betreffende Jahr als Werbungskosten angeben und erzielt damit einen Verlust. Diesen Verlust kann er auch noch in dem Jahr nach seinem Studium geltend machen, in dem er über ein zu versteuerndes Einkommen verfügt.
Im ersten Jahr nach dem Studium zahlt Herr A somit, bei gleichem Arbeitslohn, weniger Steuern als Frau B.
(2022): Wann sind Ausbildungskosten Sonderausgaben und wann Werbungskosten?
Wann Studienkosten unstreitig Werbungskosten sind
Aufwendungen für ein Erststudium im Anschluss an das Abitur sowie für eine erstmalige Berufsausbildung außerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses sind nur begrenzt bis zu 6.000 Euro als Sonderausgaben absetzbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 9 Abs. 6 EStG). Diese Regelung ist verfassungskonform. In anderen Fällen sind die Aufwendungen in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten bzw. als vorab entstandene Werbungskosten - oder bei Selbstständigen als Betriebsausgaben - abziehbar, z.B. bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen nach Abschluss der Erstausbildung oder des Erststudiums, für ein Zweitstudium oder eine Umschulung. Dies gilt auch bei erster Berufsausbildung im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses (Lehre, Referendariat, Duales Studium), weil die Ausbildungsvergütung steuerpflichtig ist. In folgenden Fällen sind Studienkosten unstreitig in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten abziehbar:
- Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung, z.B. Studium nach einer Lehre (BFH-Urteil vom 18.6.2009, BStBl. 2010 II S. 816).
- Erststudium im Rahmen eines Dienst- oder Ausbildungsdienstverhältnisses, z.B. bei Offizieren und Berufssoldaten der Bundeswehr oder im Rahmen der dualen Berufsausbildung (duales Studium).
- Zweitstudium nach einem abgeschlossenen Erststudium. Vorausgesetzt, das Studium steht in einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit künftigen Einnahmen aus der angestrebten Tätigkeit und wird nicht aus rein privatem Interesse absolviert.
- Universitätsstudium nach Abschluss eines Fachhochschulstudiums oder nach einem Studium an einer Pädagogischen Hochschule oder Kunsthochschule.
- Werden zwei oder mehrere Studiengänge parallel begonnen und zu unterschiedlichen Zeiten abgeschlossen, gilt nach dem Abschluss des ersten Studienganges der zweite Studiengang als Zweitstudium mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt werden.
- Als berufsqualifizierender Studienabschluss gilt das erste Staatsexamen, durch das die fachliche Eignung für einen beruflichen Vorbereitungsdienst vermittelt wird. Daher sind Aufwendungen für das Referendariat bei Juristen und Lehramtsanwärter nach dem ersten Staatsexamen unbegrenzt als Werbungskosten absetzbar.
- Als berufsqualifizierender Abschluss eines Erststudiums gilt ferner der Bachelor- oder Bakkalaureusgrad. Ein nachfolgender Studiengang ist ein Zweitstudium, sodass diese Aufwendungen in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten absetzbar sind. Dies betrifft vor allem ein Masterstudium, da dieses nicht ohne ein abgeschlossenes Bachelor- oder anderes Studium aufgenommen werden kann.
- Ein MBA-Studium mit dem Abschluss "Master of Business Administration" setzt im Allgemeinen ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraus. Also handelt es sich um ein Zweitstudium, sodass die Aufwendungen in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar sind.
- Juristen absolvieren gelegentlich nach erfolgreicher Ablegung der ersten juristischen Staatsprüfung ein Zusatzstudium zum "Master of Laws" (LL.M-Studium) an einer ausländischen Universität. Diesbezügliche Aufwendungen sind in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar, sofern sie beruflich veranlasst sind.
- Eine Promotion bzw. ein Promotionsstudium wird im Allgemeinen nach dem Abschluss eines Erststudiums absolviert. Daher sind die Aufwendungen dafür in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten absetzbar, sofern ein berufsbezogener Zusammenhang gegeben ist. Die Kosten für eine Promotion werden sogar auch dann als Werbungskosten berücksichtigt, wenn diese im Einzelfall ohne vorhergehenden berufsqualifizierenden Studienabschluss durchgeführt wird.
SteuerGo
Bei einem Wechsel des Studiums ohne Abschluss des zunächst begonnenen Studiengangs, z. B. von Rechtswissenschaften zu Medizin, stellt das erste Studium kein abgeschlossenes Studium dar. Folglich ist der neue Studiengang kein Zweitstudium, und die Aufwendungen dafür sind nur als Sonderausgaben absetzbar.
(2022): Wann Studienkosten unstreitig Werbungskosten sind
Ausbildungskosten doch als Werbungskosten absetzbar?
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs sollten Ausbildungskosten in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten absetzbar sein. Die Ausbildungskosten seien als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst und somit Werbungskosten, denn sie dienten der Erzielung einkommensteuerpflichtiger Einkünfte.
Und so baten die BFH-Richter das Bundesverfassungsgericht um Klärung, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass nach § 9 Abs. 6 EStG Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium als Erstausbildung nicht als Werbungskosten anerkannt werden (BFH-Beschluss vom 17.7.2014, VI R 8/12 und VI R 2/12).
Aktuell hat das Bundesverfassungsgericht aber - nach über 5 Jahren(!) - endlich die heiß umstrittene Frage geklärt - leider zur großen Enttäuschung aller Betroffenen und zur Freude des Fiskus:
Die derzeitige gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium als Erstausbildung nicht als Werbungskosten abgesetzt werden können, verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Die Verfassungshüter widersprechen damit den höchsten Finanzrichtern! (BVerfG-Beschluss vom 19.11.2019, 2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 27/14, veröffentlicht am 10.1.2020).
(2022): Ausbildungskosten doch als Werbungskosten absetzbar?
Au-pair-Aufenthalt: Sprachunterricht gilt als Berufsausbildung
Viele Abiturientinnen zieht es nach dem Abitur für eine gewisse Zeit ins Ausland. Als Au-pair und mit Sprachunterricht wollen Sie ihre Sprachkenntnisse verbessern und Land und Leute kennen lernen. Als Gegenleistung für freie Kost und Logis erwartet die Gastfamilie Mithilfe bei der Kinderbetreuung und im Haushalt. Während des Auslandsaufenthalts haben die Eltern nur dann Anspruch auf Kindergeld oder die steuerlichen Freibeträge, wenn der Au-pair-Aufenthalt als Berufsausbildung anzusehen ist.
Wie erreicht man eine Anerkennung des Au-pair-Aufenthalts als Berufsausbildung? Dazu ist es erforderlich, dass das Kind an einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht teilnimmt, der mindestens 10 Wochenstunden umfasst.
Müssen es genau 10 Wochenstunden sein, oder genügen vielleicht auch 8,6 Stunden pro Woche?
Neben dem reinen Sprachunterricht muss das Au-pair schließlich noch Zeiten für die Vor- und Nachbereitung aufwenden.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Sprachunterricht von lediglich 8,6 Wochenstunden nicht ausreicht. Der Au-pair-Aufenthalt im Ausland sei daher nicht als Berufsausbildung anzuerkennen. In diesem Fall wurden daher weder Kindergeld noch Kinderfreibeträge gewährt. "Bei weniger als durchschnittlich 10 Wochenstunden können ausnahmsweise einzelne Monate gleichwohl als Berufsausbildung zu werten sein, wenn sie, z. B. infolge von Blockunterricht oder Lehrgängen, durch intensiven Unterricht von deutlich mehr als 10 Stunden geprägt werden" (BFH-Beschluss vom 14.6.2016, III B 132/15).
Ausnahmsweise kann auch ein Sprachunterricht von weniger als 10 Wochenstunden für die Berücksichtigung als Berufsausbildung ausreichen. Das ist der Fall, wenn der Fremdsprachenunterricht in einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung zwingend vorausgesetzt wird oder wenn der Sprachunterricht zur Vorbereitung auf einen anerkannten Fremdsprachentest dient. Die zwei wichtigsten englischen Sprachtests sind TOEFL (Test of English as a Foreign Language) oder IELTS (International English Language Testing System). (BFH-Urteil vom 15.3.2012, III R 58/08; BFH-Urteil vom 26.10.2012, VI R 102/10).
Fremdsprachentests TOEFL gelten als Berufsausbildung
Aktuell hat das Finanzgericht Saarland bestätigt, dass ein Au-pair-Aufenthalt nach Bestehen des Fremdsprachentests TOEFL als Berufsausbildung gelten kann. Eine Bedingung dafür wurde aber besonders betont: Auch wenn der Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen durch einen Fremdsprachentest - wie TOEFL oder IELTS - verifiziert wird, muss dennoch ein konkreter Zusammenhang mit einer Berufsausbildung bestehen. Wichtig ist also, dass unverzüglich ein Studium oder eine andere Ausbildung begonnen oder fortgesetzt wird (FG Saarland vom 2.2.2014, 2 K 1308/13, rkr.).
(2022): Au-pair-Aufenthalt: Sprachunterricht gilt als Berufsausbildung
Erstausbildung: Wie stehen die Chancen auf vollen Werbungskostenabzug?
Aufwendungen für die erste Berufsausbildung und für das Erststudium als Erstausbildung, welche nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses (z.B. Lehre) absolviert werden, sind nach geltendem Recht nur begrenzt bis zu 6.000 Euro als Sonderausgaben absetzbar, während die Kosten für jegliche Bildungsmaßnahmen nach abgeschlossener Berufsausbildung, auch für ein Erststudium nach einer Lehre, in voller Höhe als Werbungskosten berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 12 Nr. 5 EStG).
Aktuell hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: Die derzeitige gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium als Erstausbildung nicht als Werbungskosten abgesetzt werden können, verstößt nicht gegen das Grundgesetz (BVerfG-Beschluss vom 19.11.2019, 2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 27/14, veröffentlicht am 10.1.2020).
(2022): Erstausbildung: Wie stehen die Chancen auf vollen Werbungskostenabzug?
Was kann ich bei einer Aus- oder Fortbildung in Vollzeit absetzen?
Kosten einer Ausbildung oder Fortbildung können als Werbungskosten, Betriebsausgaben oder als Sonderausgaben absetzbar sein. Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung außerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses und für ein Erststudium sind - jedenfalls nach derzeitiger Rechtslage - nur begrenzt bis zu 6.000 Euro als Sonderausgaben absetzbar.
In anderen Fällen sind die Aufwendungen in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten bzw. als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar. Dies gilt auch für eine neue Berufsausbildung nach abgeschlossener Ausbildung sowie für eine Berufsausbildung im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses, z. B. Lehre, Referendariat. Ein wichtiger Posten sind die Fahrt-, Verpflegungs-, Übernachtungs- und Reisenebenkosten.
Nehmen Sie als Arbeitnehmer im Rahmen Ihres Arbeitsverhältnisses außerhalb Ihres Betriebes an einer Bildungsmaßnahme teil, handelt es sich um eine Auswärtstätigkeit. Somit können Sie Ihre Aufwendungen nach Reisekostengrundsätzen - d.h. Fahrtkosten mit der Dienstreisepauschale, Verpflegungspauschbeträge, Reisenebenkosten, ggf. Übernachtungskosten - als Werbungskosten geltend machen.
Dies betrifft Personen, die sich neben ihrem Beruf abends und am Wochenende weiterbilden oder eine Ausbildung absolvieren. Dies war bisher so und gilt auch weiterhin.
Anders aber liegt der Fall, wenn Sie eine Bildungsmaßnahme in Vollzeit oder als Vollzeit-Studium außerhalb Ihres Arbeitsverhältnisses absolvieren:
(1) Bis 2013 wird die Bildungseinrichtung nicht zu einer "regelmäßigen Arbeitsstätte", wenn ein Arbeitnehmer eine längerfristige Bildungsmaßnahme absolviert und dabei die Bildungsstätte über vier Jahre aufsucht. Dies auch schon deshalb, weil es sich dabei nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt. Die Reisekosten sind also nach den Regeln der Auswärtstätigkeit mit Dienstreisepauschale und Verpflegungspauschbeträgen absetzbar (BFH-Urteile vom 9.2.2012, VI R 42/11 und VI R 44/10).
(2) Aber seit 2014 ist systemfremd im Gesetz festgeschrieben, dass bei Vollzeit-Bildung die Bildungseinrichtung die "erste Tätigkeitsstätte" ist (obwohl diese doch gar keine Einrichtung des Arbeitgebers ist). Das bedeutet: Die Fahrten sind lediglich mit der Entfernungspauschale absetzbar, und Verpflegungspauschbeträge werden nicht berücksichtigt. Dies gilt sowohl bei Fortbildung für den unbegrenzten Werbungskostenabzug als auch bei Ausbildung für den begrenzten Sonderausgabenabzug.
Wann liegt eine vollzeitige Bildungsmaßnahme vor?
Dies ist der Fall, wenn es sich um eine Berufsausbildung handelt und Sie daneben keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Unschädlich sind jedoch
- eine Erwerbstätigkeit bis zu 20 Wochenstunden,
- eine geringfügige Beschäftigung (Minijob) oder
- eine kurzfristige Beschäftigung (Aushilfsjob).
Aktuell hat das Niedersächsische Finanzgericht gegen den Fiskus entschieden, dass ein Teilzeitstudium keine vollzeitige Bildungsmaßnahme ist, weil das Teilzeitstudium gerade nicht darauf ausgerichtet ist, dass sich der Student ihr vollumfänglich widmen muss. Vielmehr ist das Teilzeitstudium (hier: nach der eigenen Beschreibung der Fernuniversität Hagen)gerade zur Ausübung neben einer Berufstätigkeit angelegt. "Das Verständnis des Bundesfinanzministeriums, wonach ein Studium oder eine Bildungsmaßnahme im Falle einer Erwerbslosigkeit stets ein Vollzeitstudium oder eine vollzeitige Bildungsmaßnahme gegeben ist, lässt sich aus § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG nicht herleiten" (FG Niedersachsen vom 16.2.2022, 4 K 113/20).
(2022): Was kann ich bei einer Aus- oder Fortbildung in Vollzeit absetzen?
Wann kann ich bei Ausbildung ein Arbeitszimmer absetzen?
Aufwendungen für die erste Berufsausbildung und für das Erststudium als Erstausbildung, welche nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses (z.B. Lehre) absolviert werden, sind nach geltendem Recht nur begrenzt bis zu 6.000 Euro als Sonderausgaben absetzbar, während die Kosten für ein Erststudium nach einer Lehre oder für eine Zweitausbildung in voller Höhe als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Zu den abzugsfähigen Kosten können auch die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer gehören.
Für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitszimmers gelten im Rahmen der Sonderausgaben die gleichen Regelungen wie beim Werbungskostenabzug. Ein Arbeitszimmer wird anerkannt, wenn für die Ausbildung "kein anderer Arbeitsplatz" als das Arbeitszimmer zur Verfügung steht oder wenn das Arbeitszimmer der "Mittelpunkt der gesamten Berufstätigkeit" ist, z. B. bei einem Fernstudium (BMF-Schreiben vom 2.3.2011, BStBl. 2011 I S. 195, Tz. 24).
Wird also ein Arbeitszimmer sowohl zur Berufsausbildung als auch für berufliche Zwecke genutzt, müssen die Arbeitszimmerkosten entsprechend dem zeitlichen Nutzungsverhältnis aufgeteilt werden, und zwar durch Schätzung:
- Der auf die Ausbildung entfallende Kostenanteil ist als Sonderausgaben absetzbar, zusammen mit anderen Ausbildungskosten bis zu 6 000 Euro.
- Der auf die berufliche Tätigkeit entfallende Kostenanteil kann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig sein.
- Sofern Sie die Abzugsvoraussetzung bis 1.250 Euro erfüllen, weil "kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht", ist dieser Höchstbetrag entsprechend dem Nutzungsverhältnis aufzuteilen auf Sonderausgaben und Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben. Nur bis zum jeweiligen anteiligen Höchstbetrag sind die tatsächlichen Kosten absetzbar.
- Sofern Sie die Abzugsvoraussetzung für den unbegrenzten Werbungskostenabzug erfüllen, weil "das Arbeitszimmer der Mittelpunkt der Berufstätigkeit ist", ist der berufliche Nutzungsanteil in voller Höhe absetzbar. Dies kommt allerdings eher selten in Betracht, z. B. bei einem Fernstudium und freiberuflicher Nebentätigkeit.
Beispiel
Ein angestellter Bankkaufmann studiert Jura an der Fernuniversität und verfasst nebenbei Aufsätze für Fachzeitschriften. Das Arbeitszimmer nutzt er zu 60 % für seine Studienzwecke und zu 40 % für seine schriftstellerische Tätigkeit. Die Arbeitszimmerkosten belaufen sich auf 3.200 Euro im Jahr. Die Kosten sind insgesamt bis zu 1.250 Euro abziehbar.
Dieser Höchstbetrag ist auf die beiden Tätigkeiten entsprechend dem Nutzungsverhältnis aufzuteilen.
Der Kostenanteil für die schriftstellerische Tätigkeit in Höhe von 1.280 Euro (40 % von 3.200 Euro) kann nur mit 500 Euro als Betriebsausgaben abgesetzt werden (40 % von 1.250 Euro). Der Kostenanteil für die Ausbildung in Höhe von 1.920 Euro (60 % von 3.200 Euro) wird mit 750 Euro (60 % von 1.250 Euro) berücksichtigt und ist - ggf. mit anderen Ausbildungskosten - im Rahmen des Höchstbetrages von 6.000 Euro als Sonderausgaben absetzbar.
Tipp
Arbeitnehmer und Selbstständige, die zuhause arbeiten und deren Arbeitsplatz nicht die steuerlichen Voraussetzungen für ein Arbeitszimmer erfüllt, können einen Pauschalbetrag von 5 Euro pro Tag als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen. Maximal sind 600 Euro im Jahr absetzbar. Die neue Homeoffice-Pauschale steht auch denjenigen zu, die sich im Studium, einer Ausbildung oder einer Weiterbildung befinden und derzeit mehr am heimischen PC lernen als in Vorlesungen oder im Präsenz-Unterricht.
Die Pauschale steht den Betroffenen unabhängig davon zu, ob sie eine Erstausbildung, ein Erststudium, eine Zweitausbildung, ein Aufbaustudium oder eine berufliche Fortbildung absolvieren oder ob sie in einem Ausbildungs-Dienstverhältnis stehen.
In den beiden erstgenannten Fällen wäre die Pauschale bei den Sonderausgaben abzuziehen, in den anderen Fällen bei den Werbungskosten. Dies ergibt sich analog aus dem BMF-Schreiben vom 2.3.2011 (BStBl 2011 I S. 195, Rz. 24), wonach die Regelung des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auch im Bereich der Ausbildung, also des Sonderausgabenabzuges, gilt.
(2022): Wann kann ich bei Ausbildung ein Arbeitszimmer absetzen?