Zuwendungen, d.h. Spenden und Mitgliedsbeiträge, sind als Sonderausgaben absetzbar, wenn sie für steuerbegünstigte Zwecke geleistet werden (§ 10b EStG). Zu den steuerbegünstigten Zwecken gehören neben mildtätigen und kirchlichen Zwecken vor allem gemeinnützige Zwecke. Die Zuwendungen werden allerdings nur dann anerkannt, wenn der Zuwendungsempfänger eine inländische steuerbegünstigte Organisation ist. Und das sind u.a. Vereine, die vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt sind. Für reine Männervereine soll dies zukünftig nicht mehr gelten!
Die Gemeinnützigkeit eines Vereins setzt voraus, dass seine Tätigkeit der Allgemeinheit zugute kommt. Die Vereinstätigkeit muss also darauf gerichtet sein, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet zu fördern. Dies ist nicht gegeben, wenn der Kreis der geförderten Personen infolge seiner Abgrenzung dauernd nur klein sein kann.
So fördert ein Verein nicht die Allgemeinheit, wenn seine Tätigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugute kommt und er den Kreis der Mitglieder durch hohe Aufnahmegebühren oder Mitgliederbeiträge klein hält.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof ein Urteil gefällt, das die deutsche Vereinskultur heftig erschüttert: Ein Verein soll nicht mehr gemeinnützig sein, wenn er Frauen ohne sachlich zwingenden Grund von der Mitgliedschaft ausschließt. In diesem Fall fördert der Verein nicht die „Allgemeinheit“, da auch Frauen ein Teil der Allgemeinheit sind (gemäß § 52 Abs. 1 AO). Das Urteil erging zu einer traditionellen Freimaurerloge, die nur Männer als Mitglieder auf-nimmt und nur diesen das Ritual in den Tempelarbeiten ermöglicht (BFH-Urteil vom 17.5.2017, V R 52/15).
- Die Freimaurerloge fördert unzweifelhaft edle und gemeinnützige Zwecke: Nach § 1 ihrer Satzung ist sie eine auf vaterländischer und christlicher Grundlage beruhende Vereinigung wahrheitsliebender, ehrenhafter Männer zur Pflege der Freimaurerei. Dies umfasst „die Förderung wahrer christlicher Religiosität, allgemeiner Menschenliebe, Hebung der Sittlichkeit und Erhöhung der Würde und des Wohles der Menschheit durch vorbildlichen, einwandfreien Lebenswandel, Duldsamkeit auf allen Gebieten der Kultur und Eintreten für freundschaftliche Annäherung der Völker unter Wahrung der Liebe zum eigenen Vaterland“.
- Doch nach neuer Einsicht des BFH ist ein Verein, der entgegen Art. 3 Abs. 3 GG die wesensmäßige Gleichheit aller Menschen in Abrede stellt, mangels Förderung der Allgemeinheit nicht als gemeinnützig einzustufen. Die Freimaurerloge diskriminiert Frauen, da sie nur Männer als Mitglieder aufnimmt und nur diesen das Erlebnis des Rituals in den Tempelarbeiten offen steht. Für den Ausschluss von Frauen konnte die Loge keine zwingenden sachlichen Gründe anführen.
- Ohne Erfolg verweisen die Freimaurer darauf, dass katholische Ordensgemeinschaften als gemeinnützig anerkannt würden, obwohl sie ebenfalls Männer oder Frauen von der Mitgliedschaft ausschließen. Doch dies spielt hier keine Rolle, denn die Orden sind wegen „Förderung mildtätiger oder kirchlicher Zwecke“ anerkannt, nicht wegen „Förderung der Allgemeinheit“.
- Der Ausschluss von Frauen als Mitglieder wird auch nicht durch die Tradition der Freimaurerlogen gerechtfertigt. Die heutige Freimaurerei ist aus sog. Steinmetzbruderschaften des Mittelalters hervorgegangen, also den Vereinigungen jener Kunsthandwerker, die mit der Errichtung von Kathedralen ihren Unterhalt verdienten. Der Hinweis auf die geschichtliche Tradition ist allerdings nicht geeignet, die Ungleichbehandlung im Urteilsfall zu rechtfertigen.
Wer die Allgemeinheit wirklich „selbstlos fördern“ will, wie es das Gesetz fordert, kann nicht einfach die eine Hälfte dieser Allgemeinheit von vornherein ausschließen – zugleich aber sich und seine Gönner vom Staat mit Steuervorteilen päppeln lassen. Das neue BFH-Urteil wird möglicherweise Auswirkungen auf zahlreiche Vereine haben, die die Gemeinnützigkeit in Anspruch nehmen, aber ein Geschlecht – Männer oder Frauen – ohne sachlichen Grund von der Mitgliedschaft ausschließen, z.B. Schützenbruderschaften, Männergesangsvereine, Frauenchöre, Burschenschaften, Studentenvereinigungen, Junggesellenvereine, katholische Männervereine.
Aktuell hat bereits die Thüringer Finanzministerin Heike Taubert auf das neue BFH-Urteil reagiert und verkündet:
„Die Existenz unserer als gemeinnützig anerkannten Vereine in Thüringen sehe ich grundsätzlich nicht bedroht. Die Vorstände und Mitglieder gemeinnütziger Vereine müssen keine Angst haben. In Thüringen darf in Männer- und Frauenchören weiter gesungen werden“ (PM vom 11.8.2017).