Wer eine Wohnung verbilligt überlässt, kann seine Werbungskosten auch dann voll abziehen, wenn die Miete mindestens 50 Prozent der ortsüblichen Miete beträgt. Liegt die Miete darunter, sind die Kosten aufzusplitten in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil, wobei Letzterer steuerlich verloren ist.
Beträgt die Miete mindestens 50 Prozent, jedoch weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete, ist aber eine so genannte Totalüberschussprognose zu erstellen. Das heißt, der Vermieter muss nachweisen, dass er zumindest über einen längeren Zeitraum betrachtet einen Überschuss aus der Vermietung erzielt.
Wer mindestens 66 Prozent der Marktmiete verlangt, kommt indes um eine Totalüberschussprognose herum. Die Vermietung gilt als entgeltlich und eventuelle Verluste sind vom Finanzamt auch ohne diese Prognose anzuerkennen (§ 21 Abs. 2 Satz 2 EStG). Aber greift die 66-Prozent-Grenze wirklich ausnahmslos? Leider nein!
AKTUELL: Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist eine Totalüberschussprognose trotz Einhaltung der 66-Prozent-Grenze ausnahmsweise doch angezeigt, wenn es sich um die Vermietung einer aufwendig gestalteten Wohnimmobilie, handelt. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn das Objekt mehr als 250 qm Wohnfläche umfasst (BFH-Urteil vom 20.6.2023, IX R 17/21).
- Der Fall: Ein Elternpaar hatte insgesamt drei Villengebäude mit einer Wohnfläche von jeweils mehr als 250 qm erworben. Die Immobilien vermieteten sie unbefristet an ihre volljährigen Kinder. Durch die Vermietung entstanden den Eltern jährliche Verluste zwischen 172.000 EUR und 216.000 EUR. Diese Verluste verrechneten sie mit ihren übrigen Einkünften. Dadurch ergab sich eine erhebliche Einkommensteuerersparnis. Der BFH hat die Verrechnung der Verluste mit den übrigen Einkünften und die damit verbundene Steuerersparnis jedoch nicht zugelassen.
- Begründung: Wird eine Immobilie mit einer Wohnfläche von mehr als 250 qm vermietet, müsse der Steuerpflichtige nachweisen, dass die Vermietung mit der Absicht erfolgt, einen finanziellen Überschuss zu erzielen. Könne er diesen Nachweis nicht führen, weil er über einen längeren Zeitraum Verluste erwirtschaftet, handele es sich bei der Vermietungstätigkeit um eine steuerlich nicht beachtliche Liebhaberei. Folge: Verluste sind nicht abziehbar.
- Bereits in der Vergangenheit habe der BFH geurteilt, dass im Ausnahmefall eine Totalüberschussprognose angeracht sein könnte, insbesondere bei aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Objekten (z.B. Größe von mehr als 250 qm Wohnfläche; Schwimmhalle; vgl. BFH-Urteil vom 30.9.1997, IX R 80/94 und BFH-Urteil vom 6.10.2004, IX R 30/03). Denn insoweit handele es sich um Objekte, bei denen die Marktmiete den besonderen Wohnwert nicht angemessen widerspiegelt und die sich aufgrund der mit ihnen verbundenen Kosten oftmals auch nicht kostendeckend vermieten lassen. Daher sei bei diesen Objekten anlässlich der steuerlichen Erfassung der Einkünfte regelmäßig nachzuweisen, dass über einen 30-jährigen Prognosezeitraum ein positives Ergebnis erwirtschaftet werden kann. Der BFH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung mit der aktuellen Entscheidung.
- Der Wortlaut von § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG, der die genannte 66-Prozent-Grenze betrifft, schließe die Durchführung einer Totalüberschussprognose nicht aus. Das heißt, die Einkünfteerzielungsabsicht ist auch bei einer Vermietung zu mehr als 66 Prozent der ortsüblichen Miete zu prüfen. Der Regelungsbereich der besagten Vorschrift betreffe nur den Umfang der objektiven Entgeltlichkeit der Vermietungstätigkeit. Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG als entgeltlich. Die subjektive Einkünfteerzielungsabsicht sei hingegen ausweislich des Wortlauts nicht Regelungsgegenstand des § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG.
- Im Übrigen sei ohnehin fraglich, ob es bei einem besonders großen Objekt überhaupt eine „Marktmiete“ gibt. Jedenfalls würde die Marktmiete, wenn sie denn feststellbar wäre, den besonderen Wohnwert offensichtlich nicht angemessen widerspiegeln.
§ 21 Abs. 2 EStG, der die verbilligte Vermietung von Wohnungen betrifft, ist zwar ab 2021 etwas geändert worden. Das vorgestellte BFH-Urteil, das einen Streitfall vor 2021 betrifft, ist aber auch für aktuelle Fälle von Belang. Vermieter von Luxuswohnungen und/oder von besonders großen Immobilien sollten also davon ausgehen, dass sie dem Finanzamt eine Überschussprognose vorlegen müssen, wenn sie (zunächst) hohe Verluste erwirtschaften. Das gilt nicht nur, aber insbesondere bei der Vermietung an nahe Angehörige. Es wird üblicherweise ein Prognosezeitraum von 30 Jahren, beginnend mit dem Erwerb der jeweiligen Immobilie, zugrunde gelegt.