Wie zu befürchten war, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) keine umsatzsteuerliche Befreiung für Fahrschulunterricht für die Fahrerlaubnisklassen B und C1 ist gewährt. Es handele sich nicht um einen von der Mehrwertsteuer befreiten Schul- und Hochschulunterricht. Das Urteil dürfte weit über den Fall der Fahrschulen hinausgehen und möglicherweise zu einem vollkommen neuen Verständnis der Steuerbefreiung für unterrichtende Leistungen führen.
Privatlehrer, die keinen allgemeinbildenden Unterricht oder keinen Unterricht an allgemeinen Schulen erteilen, müssen befürchten, dass ihre Leistungen nicht (mehr) umsatzsteuerfrei sind (EuGH-Urteil vom 14.3.2019, Rs. C-449/17).
Der Fall: Die private Fahrschule A & G Fahrschul-Akademie wendete sich gegen die Weigerung der deutschen Steuerbehörden, den von ihr erteilten Fahrunterricht von der Umsatzsteuer zu befreien. Konkret ging es um Unterricht im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C11, also für Kraft-wagen, die zur Beförderung von Personen ausgelegt und gebaut sind und deren zulässige Gesamtmasse 3,5 bzw. 7,5 Tonnen nicht überschreitet. A & G machte geltend, der von ihr erteilte Unterricht umfasse die Vermittlung von zugleich praktischen und theoretischen Kenntnissen, die für den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erforderlich seien.
Dieser Unterricht verfolge keinen bloßen Freizeitzweck, da mit dem Besitz der betreffenden Fahrerlaubnisse u.a. beruflichen Anforderungen entsprochen werden könne. Für den zu diesem Zweck erteilten Unterricht müsse daher die von der Mehrwertsteuerrichtlinie für den „Schul- und Hochschulunterricht“ vorgesehene Befreiung gelten.
Der Bundesfinanzhof konnte nicht selbst entscheiden und hat die Sache daher dem EuGH vorgelegt. Er wollte wissen, ob der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts den in Rede stehenden Fahrunterricht umfasst. Der EuGH hat dies verneint. Er führt dazu aus, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen verweist. Dieser Begriff umfasse nicht Fahrunterricht, der von einer Fahrschule wie A & G im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erteilt wird.
Der Fahrunterricht mag sich zwar vielleicht auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art beziehen. Er bleibe aber ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.
Schwimmlehrer, Tanzlehrer, Sportlehrer und Privatlehrer allgemein, die nicht an allgemeinbildenden Schulen unterrichten, sollten davon ausgehen, dass sie künftig umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen, sofern sie nicht ohnehin bereits Umsatzsteuer abführen. Dennoch sollten sie – bis auf Weiteres – davon absehen, Umsatzsteuer in Rechnungen offen auszuweisen, wenn sie ihre Leistungen an Privatleute erbringen.