Kindertagespflege wird von einer geeigneten Tagespflegeperson (Tagesmutter oder Tagesvater) in ihrem Haushalt, im Haushalt der Eltern oder in anderen geeigneten Räumen geleistet. Damit soll ein einer Kindertagesstätte ähnliches Angebot im familiären Rahmen geboten werden (§ 22 SGB VIII). Die selbstständig tätigen Tagesmütter und Tagesväter erhalten für ihre Betreuungstätigkeit eine Vergütung entweder von den Eltern der betreuten Kinder oder vom Jugendamt, möglicherweise auch von beiden.
Die Vergütung des Jugendamtes umfasst die Erstattung des Sachaufwands, Förderungsleistung der Tagespflegeperson, Erstattung der nachgewiesenen Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung, hälftige Erstattung der nachgewiesenen Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung sowie hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Krankenversicherung und Pflegeversicherung (§ 23 SGB VIII).
- Bei Vergütungen vom Jugendamt sind steuerpflichtig nur die Betreuungsleistung und die Erstattung für Sachaufwand gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB VIII. Die Vergütungen sind steuerpflichtige Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Herkunft der vereinnahmten Gelder (BMF-Schreiben vom 11.11.2016, BStBl. 2016 I S. 1236).
- Die Geldleistungen sind nicht steuerfrei wegen Beihilfe aus öffentlichen Mitteln zur Förderung der Erziehung gemäß § 3 Nr. 11 EStG oder wegen nebenberuflicher Tätigkeit als Erzieher im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts gemäß § 3 Nr. 26 EStG (sog. Übungsleiterpauschale in Höhe von 2.400 Euro).
- Nicht steuerpflichtig sind hingegen die Erstattungen für Unfallversicherung, Altersvorsorge, Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB VIII (§ 3 Nr. 9 EStG).
- Von den steuerpflichtigen Einnahmen können abgesetzt werden entweder die tatsächlichen Betriebsausgaben oder eine Betriebsausgabenpauschale von 300 Euro pro Kind und Monat.
Aktuell hat das Finanzgericht Münster die geltende Rechtsauffassung bestätigt und entschieden, dass Zahlungen von Jugendämtern an eine Tagesmutter nicht ausschließlich für Zwecke der Erziehung bestimmt und damit nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei sind (FG Münster vom 10.10.2019, 6 K 3334/17 E).
Der Fall: Eine Tagesmutter erzielt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, wobei sie Kinder in einem Umfang zwischen 15 und 40 Wochenstunden betreute. Ihre Einnahmen setzten sich aus Zahlungen des Jugendamtes (Anerkennungsbeiträge für Förderleistungen und Erstattung angemessener Kosten über Sachaufwand nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1 SGB VIII bzw. Monatspauschalen) sowie von den Eltern der betreuten Kinder gezahlten Essensgeldern zusammen. Das Finanzamt behandelte sämtliche Zahlungen als steuerpflichtige Einnahmen.
Demgegenüber meint die Tagesmutter, dass lediglich das Essensgeld zu versteuern sei. Die Zahlungen der Jugendämter seien dagegen als Bezüge aus öffentlichen Mitteln zur Förderung der Erziehung gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.
Nach Auffassung des Finanzgerichts sind die streitigen Geldleistungen zwar aus öffentlichen Mitteln gezahlt worden. Es fehle jedoch an einer unmittelbaren Förderung der Erziehung. Da nahezu jede länger dauernde Beschäftigung mit Kindern zugleich deren Erziehung zum Gegenstand habe, sei für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung erforderlich, dass die öffentlichen Gelder ausschließlich zur Erziehung bestimmt seien. Nach § 22 Abs. 2 SGB VIII dienten Tageseinrichtungen nicht nur der Erziehung, sondern auch der Unterstützung der Eltern dahingehend, die Kindererziehung mit einer Erwerbstätigkeit vereinbaren zu können. Die Tagesmutter solle die Kinder auch nicht anstelle der Eltern erziehen, sondern die Eltern lediglich unterstützen.
Darüber hinaus diene die Aufnahme der Kinder bei der Klägerin auch deren Unterbringung, Versorgung, Verpflegung und der allgemeinen Betreuung. Unabhängig davon seien die Leistungen nicht als Beihilfen anzusehen. Hierunter fielen nur uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen, nicht dagegen Leistungen im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts. Anders als an Pflegeeltern gezahlte Pflegegelder vergüteten die an die Klägerin geleisteten Pauschalen deren sachlichen und zeitlichen Aufwand vollständig.