Die Juristerei differenziert zwischen dem leiblichen (biologischen) und dem rechtlichen Vater. Der rechtliche Vater ist derjenige, der aufgrund der Vorgaben des Gesetzes als „Vater“ behandelt wird, derweil der leibliche Vater derjenige ist, der das Kind gezeugt hat. Gilt bei einer Schenkung auch die günstige Steuerklasse I für Kinder?
Nach deutschem Recht gilt: Wird während des Bestehens einer Ehe – unabhängig davon, ob die Eheleute getrennt leben oder nicht – ein Kind von der Ehefrau geboren wird, welches nicht von dem Ehemann stammt, so ist der Ehemann gleichwohl der rechtliche Vater. Entsprechendes gilt, wenn ein Mann die Vaterschaft für ein Kind anerkennt, dessen leiblicher Vater er gar nicht ist (§§ 1592, 1686a BGB).
Vererbt oder verschenkt nun der biologische Vater – der nicht gleichzeitig der rechtliche Vater ist – seinem leiblichen Kind einen höheren Geldbetrag, ist die Frage, ob dafür bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer die günstige Steuerklasse I („für Kinder“) oder nur die Steuerklasse III („für andere Personen“) zur Anwendung kommt.
Aktuell hat das Hessische Finanzgericht entschieden, dass für eine Geldschenkung des leiblichen (biologischen) Vaters an seine leibliche Tochter bei der Schenkungsteuer die günstige Steuerklasse I mit dem persönlichen Freibetrag von 400.000 Euro auch dann greift, wenn der biologische Vater nicht gleichzeitig der rechtliche Vater ist (FG Hessen vom 15.12.2016, 1 K 1507/16, Revision II R 5/17).
- Nach Auffassung der Finanzrichter hat der Gesetzgeber im Jahre 2013 durch Einfügung des § 1686a BGB den „leiblichen, nicht rechtlichen Vater“ als eine Ausprägung der Vaterschaft anerkannt und ihm als biologischen Vater eigene Rechte zugesprochen. Daher sei es sachgerecht, die zivilrechtliche Entwicklung auf den Bereich des Schenkungsteuerrechts zu übertragen. Hier bestünden – anders als bei Pflegekindern – natürliche verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Vater und Kin
Der Fall: Der biologische Vater schenkt seiner Tochter einen hohen Geldbetrag. Die Tochter war innerhalb der Ehe ihrer leiblichen Mutter und deren Ehemann, bei dem es sich nicht um den biologischen Vater, sondern um den rechtlichen Vater handelt, geboren worden. Das Finanzamt setzt Schenkungsteuer unter Berücksichtigung der ungünstigen Steuerklasse III fest.
Die gewünschte Anwendung der Steuerklasse I sei nicht möglich, da eine rechtliche Vaterschaft zum Ehemann der leiblichen Mutter bestehe, die zivilrechtlich die rechtliche Anerkennung der Vaterschaft des biologischen Vaters ausschließe. Doch das Finanzgericht plädiert für Steuerklasse I.
Da diese Frage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, wird nun der Bundesfinanzhof die Gelegenheit dazu haben. Betroffene sollten den Steuerbescheid mittels Einspruch offen halten und auf das anhängige Revisionsverfahren verweisen (Aktenzeichen: II R 5/17).