Wer seinen Arbeitsplatz verliert, erhält zumeist eine Abfindung. Diese unterliegt steuerlich allenfalls der so genannten Fünftel-Regelung, die vielfach nur eine geringe steuerliche Entlastung mit sich bringt. Von daher suchen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oft nach Lösungen, um die Steuern auf Abfindungen drastisch zu reduzieren. Eine Möglichkeit steuerfreie Abfindungen zu erhalten, ist zum Beispiel die Einzahlung in eine betriebliche Altersversorgung. Abfindungen, die in eine Direktversicherung, einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse eingezahlt werden, bleiben nämlich in bestimmtem Umfang steuerfrei (§ 3 Nr. 63 EStG).
Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass auch die Einzahlung einer Abfindung in ein Zeitwertkonto lohnsteuerfrei bleiben kann, das heißt, eine Abfindung für den Verlust eines Arbeitsplatzes kann zur Aufstockung eines Wertguthabenkontos genutzt werden (BFH-Urteil vom 3.5.2023, IX R 25/21).
Der Fall: Im Unternehmen sollte Personal abgebaut werden. Arbeitgeber und Betriebsrat schlossen daraufhin eine Vereinbarung, wonach ausscheidenden Arbeitnehmern eine „Freiwilligen-Abfindung“ zugesagt wurde. Diese wurde mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Es wurde die Möglichkeit eingeräumt, die Abfindung in ein Wertguthabenkonto einzubringen, das nach Ende der Beschäftigung gemäß § 7f SGB IV auf die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund übertragen werden sollte.
Der Arbeitgeber unterwarf die Abfindungen, soweit sie dem Zeitwertkonto zugeführt wurden, nicht der Lohnsteuer und führte auch keine Beiträge zur Sozialversicherung ab. Das Finanzamt akzeptierte dies nicht und verlangte Lohnsteuer vom Arbeitgeber. Begründet wurde die Auffassung damit, dass Abfindungsbeträge nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse nicht mehr wirksam dem Langzeitkonto zugeführt werden könnten. Voraussetzung dafür sei nämlich, dass die zugeführten Beträge durch Freistellung in demselben Arbeitsverhältnis noch vollständig aufgebraucht werden könnten.
Daran fehle es nach Beendigung der Arbeitsverträge. Deshalb sei auch eine steuerfreie Übertragung auf die DRV Bund ausgeschlossen gewesen und eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 53 EStG scheide aus. Vielmehr seien die Abfindungen den jeweiligen Arbeitnehmern bei Fälligkeit zugeflossen. Das Finanzamt bekam zunächst vom Finanzgericht Recht, doch die Revision des Arbeitgebers war erfolgreich.
Begründung: Im Streitfall sind alle Beteiligten ersichtlich von der Zulässigkeit und Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarungen ausgegangen und haben sich dementsprechend verhalten. Sie haben (in gutem Glauben) das Vereinbarte eintreten und bestehen lassen. Ob die streitigen Wertguthabenvereinbarungen unwirksam waren, ist danach unerheblich.
Eine Entlassungsentschädigung fließt dem Arbeitnehmer auch dann nicht zu, wenn die Vereinbarung über die Zuführung zu einem Wertguthaben des Arbeitnehmers oder die vereinbarungsgemäße Übertragung des Wertguthabens auf die DRV Bund sozialversicherungsrechtlich unwirksam sein sollten, soweit alle Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis gleichwohl eintreten und bestehen lassen.
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge werden bei Zeitwertkonten erst dann fällig, wenn das angesparte Wertguthaben planmäßig für die Freistellung von der Arbeit, zur Verringerung der Arbeitszeit oder bei existenzbedrohender Notlage des Arbeitnehmers verwendet wird (nachgelagerte Besteuerung).
Im Urteilsfall war die Besonderheit, dass die Arbeitnehmer von ihrem bisherigen Arbeitgeber nicht mehr „freigestellt“ werden konnten, weil das jeweilige Arbeitsverhältnis ja bereits beendet war oder beendet werden sollte. Dennoch sah der BFH die Übertragung der Wertguthaben auf die DRV Bund als lohnsteuerfrei an, es handelt sich also um steuerfreie Abfindunge.
Lohnsteuer fällt erst an, wenn die DRV Bund jeweils Teilauszahlungen aus dem Wertguthaben vornimmt. Die Lohnsteuer hat die DRV Bund einzubehalten und abzuführen. Die Fünftel-Regelung, also ein ermäßigter Steuersatz, wird aber nicht gewährt.