Sachbezüge vom Arbeitgeber bleiben bis zu 44 Euro im Monat (ab 2022: bis 50 Euro) steuer- und sozialversicherungsfrei. Strittig ist oftmals, ob tatsächlich ein steuerfreier Sachbezug oder doch ein steuerpflichtiger Barlohn vorliegt.
Der Bundesfinanzhof hat im Jahre 2010 in mehreren Urteilen den Begriff des „Sachlohns“ wesentlich ausgeweitet: Ob Barlohn oder Sachbezug vorliegt, entscheide sich danach, was der Arbeitgeber dem Mitarbeiter zugesagt hat: Geld oder eine Sache. Dann spiele es keine Rolle, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinem Mitarbeiter den zugesagten Vorteil verschafft. Begünstigt waren daher auch die Hingabe eines Warengutscheins, die Übergabe eines Geldgutscheins zum Erwerb von Waren, die Zahlung eines Geldbetrages zum Erwerb von Waren sowie die Kostenerstattung nach dem Erwerb von Waren (BFH-Urteile vom 11.11.2010, VI R 21/09, VI R 27/09, VI R 40/10, VI R 41/10).
Der Gesetzgeber hat diese großzügige Auslegung von „Sachlohn“ jedoch leider eingeschränkt: Seit dem 1.1.2020 sind zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge mehr, sondern Geldleistungen und damit steuerpflichtig (§ 8 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Die gesetzliche Neuregelung ab 2020 hält eine besondere Regelung bereit für zweckgebundene Gutscheine (einschließlich entsprechender Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen/-Apps) und entsprechende Geldkarten (einschließlich Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten):
Solche Gutscheine und Geldkarten gelten als „Sachbezug“, wenn sie ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen beim Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 EStG). Ferner ist erforderlich, dass die Gutscheine und Geldkarten zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Damit soll der steuerliche Vorteil insbesondere im Rahmen von Gehaltsverzicht und Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen werden (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG).
AKTUELL gilt ab dem 1.1.2022 eine weitere Bedingung für Gutscheine und Geldkarten: Damit diese nunmehr als „Sachbezug“ bis 50 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben, müssen sie zusätzlich die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 EStG; BMF-Schreiben vom 13.4.2021, BStBl. 2021 I S. 624). Begünstigt sind demnach folgende Gutscheine und Geldkarten:
(1) Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins aus seiner eigenen Produktpalette zu beziehen oder aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen. Begünstigt sind beispielsweise
- wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel,
- shop-in-shop-Lösungen mit Hauskarte,
- Tankgutscheine oder -karten eines einzelnen Tankstellenbetreibers zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in seiner Tankstelle,
- von einer bestimmten Tankstellenkette (einem bestimmten Aussteller) ausgegebene Tankgutscheine oder -karten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt (z.B. ein Symbol, eine Marke, ein Logo); die Art des Betriebs (z.B. eigene Geschäfte, im Genossenschafts- oder Konzernverbund, über Agenturen oder Franchisenehmer) ist unerheblich,
- ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein (z.B. Tankgutschein, hierzu zählt auch eine Berechtigung zum Tanken), wenn die Akzeptanzstellen (z.B. Tankstelle oder Tankstellenkette) aufgrund des Akzeptanzvertrags (z.B. Rahmenvertrag) unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen,
- Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online-Händler) berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (z.B. Marketplace) einlösbar sind,
- Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und Outlet-Villages,
- „City-Cards“, Stadtgutscheine.
(2) Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die nur berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen; auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland kommt es deshalb hier nicht an. Begünstigt sind beispielsweise Gutscheine und Geldkarten, die begrenzt sind auf
- den Personennah- und Fernverkehr (z.B. für Fahrberechtigungen, Zugrestaurant, Park&Ride-Parkgelegenheiten) einschließlich bestimmter Mobilitätsdienstleistungen (z.B. die Nutzung von (Elektro-) Fahrrädern, Car-Sharing, E-Scootern),
- Kraftstoff, Ladestrom etc. („Alles, was das Auto bewegt“),
- Fitnessleistungen (z.B. für den Besuch der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen),
- Streamingdienste für Film und Musik,
- Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads,
- Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads,
- die Behandlung der Person in Form von Hautpflege, Makeup, Frisur und dergleichen (sog. Beautykarten),
- Bekleidung inkl. Schuhe nebst Accessoires wie z.B. Taschen, Schmuck, Kosmetika, Düfte (sog. Waren, die der Erscheinung einer Person dienen).
(3) Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die nur berechtigen, aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen (Zweckkarte); auf die Anzahl der Akzeptanzstellen kommt es nicht an. Begünstigt sind beispielsweise
- Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken),
- Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen,
- Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen (einschließlich betrieblicher Gesundheitsleistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nr. 34 EStG).
Es sollte überprüft werden, ob steuerfreie Leistungen zur betrieblichen Altersversorgung, die an die Beitragsbemessungsgrenze geknüpft sind, sogar nach unten hin angepasst werden müssen. Das heißt: Im Jahre 2021 dürfen in den Bundesländern West 8 Prozent von 85.200 Euro steuerfrei in einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung eingezahlt werden. Im Jahre 2022 sind es nur noch 8 Prozent von 84.600 Euro.
Ab 2022 sind also Gutscheine und Geldkarten mit unbegrenzten Bezugsmöglichkeiten von Waren nicht mehr steuerlich zulässig. In den Jahren 2020 und 2021 können Gutscheine und Geldkarten, die zwar ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen, aber die Kriterien des ZAG nicht erfüllen, noch als „Sachbezug“ behandelt werden und mittels Sachbezugsfreigrenze von 44 Euro begünstigt sein (BMF-Schreiben vom 13.4.2021, BStBl. 2021 I S. 624, Tz. 30).
Ein Hoch den Steuerberatern, dass es sowas gibt. Wer sieht sonst noch bei diesen Paragraphen durch??