Rentenbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen und zur neuen „Rürup“-Rentenversicherung sind im Rahmen der „Altersvorsorgeaufwendungen“ nur begrenzt bis zu einem bestimmten Höchstbetrag als Sonderausgaben absetzbar (§ 10 Abs. 3 EStG). Gleichwohl müssen die Renten in zunehmendem Maße und ab 2040 in voller Höhe versteuert werden (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG).
Da die Beiträge hier zur Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen aufgewandt werden, müssten sie eigentlich als vorab entstandene Werbungskosten bei den „sonstigen Einkünften“ absetzbar sein, und zwar nicht begrenzt, sondern in voller Höhe! Nach dem Gesetz hat der Abzug als Werbungskosten Vorrang vor dem Abzug als Sonderausgaben.
- Die Zuordnung zu den Werbungskosten hatte auch die Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (sog. Rürup-Kommission) in ihrem Abschlussbericht vom 11.3.2003 vorgeschlagen. Wenn jedoch alle Steuerzahler ihre Rentenbeiträge in voller Höhe als Werbungskosten abziehen könnten, würde dies zu Steuerausfällen von über 20 Mrd. Euro jährlich führen. Aus diesem Grund hatte sich die Bundesregierung für den Systembruch entschieden.
- Eine Berücksichtigung als Werbungskosten hätte für die Steuerbürger einen weiteren Vorteil: Falls in einem Jahr keine oder nur geringe Einkünfte vorliegen und die Beiträge sich deshalb nicht steuermindernd auswirken, könnten die Aufwendungen im Wege des Verlustabzugs nach § 10d EStG in das Vorjahr zurückgetragen oder in das Folgejahr vorgetragen werden. Sonderausgaben hingegen fallen unter den Tisch, wenn keine entsprechenden Einkünfte vorhanden sind.
- Im Jahre 2009 hat der Bundesfinanzhof in mehreren Urteilen die Verfassungsmäßigkeit der nur beschränkten Absetzbarkeit der Rentenbeiträge als Sonderausgaben geprüft – mit dem Ergebnis, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (BFH-Urteile vom 18.11.2009, X R 6/08, X R 34/07 u.a.).
- Im Jahre 2016 hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerden gegen die genannten BFH-Urteile für erfolglos erklärt (BVerfG-Beschlüsse vom 14.6.2016, 2 BvR 290/10 und 2 BvR 323/10).
Aktuell hat die Finanzverwaltung alle Einsprüche, die wegen der „Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften“ anhängig sind, mit einem Federstrich mittels Allgemeinverfügung zurückgewiesen und damit für erledigt erklärt. Die Betroffenen erhalten also keine Einspruchsentscheidung mehr. Auch alle Steuerbescheide, in denen seit vielen Jahren wegen der Streitfrage ein Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 AO enthalten ist, werden nun in diesem Punkt bestandskräftig (koordinierter Ländererlass vom 16.12.2016).