Private Anwalts- und Gerichtskosten sind nur im Ausnahmefall als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG absetzbar. Seit 2013 ist im Gesetz festgeschrieben, dass solche Aufwendungen grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen und nur ausnahmsweise steuerlich anzuerkennen sind, „wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können“ (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).
Bisher waren Anwalts- und Gerichtskosten einer Scheidung absetzbar – zumindest solche für die eigentliche Scheidungssache und für den Versorgungsausgleich. Aber ab 2013 will die Finanzverwaltung Scheidungskosten generell nicht mehr steuermindernd anerkennen – weder für die Scheidungsfolgesachen noch für die eigentliche Scheidungssache mitsamt Versorgungsausgleich. Angeblich wegen einer geänderten Gesetzesregelung. In der amtlichen Anleitung zur Einkommensteuererklärung 2013 heißt es: „Prozesskosten sind ab 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Vom Abzugsverbot sind auch die Kosten der Scheidung betroffen.“
Aktuell hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass nach der ab 2013 geltenden Neuregelung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind. Der Gesetzgeber habe lediglich das steuerzahlerfreundliche BFH-Urteil aus dem Jahre 2011 einschränken und die alte Rechtslage wieder herstellen wollen. So ergebe sich aus einer Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren das Ziel, die Anerkennung von Prozesskosten auf den „bisherigen engen Rahmen“ zu beschränken. Hierzu hätten die unmittelbaren Kosten eines Scheidungsprozesses stets gezählt (FG Rheinland-Pfalz vom 16.10.2014, 4 K 1976/14, Revision).
Begründung: Die gesetzliche Bestimmung, nach welcher Aufwendungen für Prozesse mit existentieller Bedeutung für den Steuerpflichtigen abzugsfähig seien, gehe auf eine Formulierung in einem Urteil des BFH aus dem Jahre 1996 zurück, in welchem gerade die ständige Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten bestätigt worden sei. Mit der Übernahme dieser Formulierung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ab 2013 habe der Gesetzgeber offensichtlich auch die dem BFH-Urteil zugrunde liegenden Wertungen – einschließlich der Anerkennung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung – übernommen. Für einen Steuerpflichtigen sei es existentiell, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können. Die Kosten der Ehescheidung, die nur durch einen zivilgerichtlichen Prozess herbeigeführt werden könne, seien daher für den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.
Hinweis: Absetzbar sind nur die Kosten für die eigentliche Scheidungssache und für den Versorgungsausgleich, nicht hingegen für Scheidungsfolgesachen außerhalb des Zwangsverbundes. Dies betrifft Zugewinnausgleich, Ehewohnung und Haushalt, Vermögensauseinandersetzung, Ehegatten- und Kindesunterhalt sowie elterliches Umgangs- und Sorgerecht für Kinder.
Was die Jahre vor 2013 betrifft: Hier sollten Sie alle Anwalts- und Gerichtskosten im Zusammenhang mit der Ehescheidung als außergewöhnliche Belastungen geltend machen – und zwar auch für Scheidungsfolgesachen außerhalb des Zwangsverbundes, z. B. für Zugewinnausgleich, Kindesunterhalt, nachehelichen Unterhalt, Wohnungsräumung. Hierzu sind derzeit zahlreiche Verfahren vor dem BFH anhängig (Aktenzeichen: IX R 5/12, X R 34/12, VI R 66/12, VI R 69/12, VI R 70/12, VI R 74/12). Einsprüche, die sich auf diese Verfahren stützen, lässt die Finanzverwaltung ruhen (OFD Nordrhein-Westfalen vom 16.7.2013, Kurzinfo 02/2013).