In Deutschland wird die Förderung und der Schutz von Hinweisgebern, auch Whistleblower genannt, immer wichtiger. Durch das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) sind Meldungen von Missständen und Rechtsverstößen nun umfassend geregelt. Doch wie sieht es steuerlich aus, wenn ein Whistleblower eine Prämie für seine Hinweise erhält? Ist diese „Belohnung“ steuerpflichtig?
Beschäftigte in Unternehmen und Behörden nehmen Missstände oftmals als erste wahr und können durch ihre Hinweise dafür sorgen, dass Rechtsverstöße aufgedeckt, untersucht, verfolgt und unterbunden werden. Hinweisgeber übernehmen Verantwortung für die Gesellschaft und verdienen daher Schutz vor Benachteiligungen, die ihnen wegen ihrer Meldung drohen und sie davon abschrecken können (www.bafin.de).
Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)
- Die EU-Richtlinie 2019/1937 vom 23.10.2019 sieht den Schutz von Personen vor, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (EU-Wistleblower-Richtlinie). Die Frist zur Umsetzung dieser Richtlinie in deutsches Recht war am 17.12.2021.
- Am 2.7.2023 trat in Deutschland das neue „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen – Hinweisgeberschutzgesetz“ in Kraft. Damit wird die EU-Hinweisgeberrichtlinie 2019/1937 mit einiger Verspätung in nationales Recht umgesetzt. Allerdings geht das HinSchG noch über die EU-Vorgaben hinaus (Stammgesetz im „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ vom 31.5.2023).
- Das neue Gesetz regelt den Umgang mit Meldungen zu Betrügereien, Korruption und anderen Missständen in Behörden und Unternehmen, ebenso mit Hinweisen auf mangelnde Verfassungstreue von Beschäftigten im öffentlichen Dienst, auch wenn dabei keine konkreten Straftaten vorliegen. Enthalten sind Vorgaben zu Verfahren und Vertraulichkeit der Meldungen und Maßnahmen zum Schutz der Hinweisgeber vor Repressalien – aber auch Haftung, Schadensersatz und Bußgelder im Falle bewusst falscher Angaben. Es geht um den Schutz natürlicher Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die internen oder externen Meldestellen weitergeben („Whistleblower“).
Whistleblowing: Eine zweischneidige Angelegenheit
In den USA gehört das Verpfeifen seit langem zum guten Ton, und die „Whistleblower“ streichen meistens eine stattliche Erfolgsbeteiligung ein. Den höchsten jemals gezahlten „Judaslohn“ bekam im Jahre 2007 der frühere UBS-Vermögensverwalter Bradley Birkenfeld von der amerikanischen Steuerbehörde. Er hatte Beweise dafür geliefert, dass sein damaliger Arbeitgeber UBS von der Schweiz aus reichen Amerikanern bei der Hinterziehung von Steuern geholfen hatte. Dafür erhielt er eine Belohnung von sage und schreibe 104 Millionen Dollar!
Und die Hinweise des Südkoreaners Gwang-ho Kim über Hyundai endeten mit einem schmerzhaften Vergleich für den Autokonzern. Den USA war das „Whistleblowing“ sage und schreibe 24 Millionen Dollar wert (WELT-online vom 23.9.2024).
Steuerliche Einordnung von Whistleblower-Prämien: FG Nürnberg und BFH-Urteil
Das Finanzgericht Nürnberg hat entschieden, dass Prämien für Verrat und Verpfeifen („Whistleblowing“) – also der Judaslohn – Einkünfte aus Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG darstellen und somit als „sonstige Einkünfte“ steuerpflichtig sind (FG Nürnberg, Urteil vom 10.12.2015, 4 K 1449/14, bestätigt mit BFH-Beschluss vom 23.3.2016, IX B 22/16).
- Sonstige Einkünfte sind Einkünfte aus Leistungen, soweit sie nicht zu anderen Einkunftsarten gehören. Eine (sonstige) Leistung im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG ist nach der BFH-Rechtsprechung jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang im Privatbereich betrifft, Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst.
- Als sonstige Leistung kommt danach jedes wie auch immer geartete aktive, passive oder nichtwirtschaftliche Verhalten des Steuerpflichtigen in Betracht. Dauer und Häufigkeit der Leistungen sind ohne Bedeutung. Entsprechend ihrem Wortlaut erfasst die Vorschrift auch ein gelegentliches oder nur einmaliges Verhalten bzw. Verpfeifen.
Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant“, soll Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) gesagt haben. Tatsächlich sind „Denunziations-Internet-Portale“ zwiespältig zu betrachten.
In Baden-Württemberg wurde beispielsweise ein Online-Portal gestartet, auf dem Bürger andere Bürger anonym tatsächlicher und vermeintlicher Steuervergehen bezichtigen können. Zwischen August 2021 und Februar 2022 sind dort 2.608 Hinweise eingegangen. Die weit überwiegende Anzahl aller Hinweise sind aus strafrechtlicher Sicht aber vollkommen wertlos gewesen. Der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg hat es fertiggebracht, dass Denunziantentum in seinem Bundesland um ein Vielfaches zu steigern, ohne dass daraus ein nennenswerter Nutzen gezogen werden konnte.