Für eine Nebentätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer, Pfleger und Künstler bleiben Vergütungen bis zum sog. Übungsleiterfreibetrag von 2.400 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei. Dazu ist erforderlich, dass die Tätigkeit nebenberuflich für eine gemeinnützige Organisation oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts (z.B. Behörden des Bundes, der Länder, Kreise, Verbandsgemeinden und Gemeinden, Feuerwehren, Religionsgemeinschaften, Innungen, Handwerkskammern, Universitäten, Fachhochschulen, Volkshochschulen) geleistet wird und gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient (§ 3 Nr. 26 EStG).
Das charakteristische Merkmal einer Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher ist es, auf andere Menschen durch persönlichen Kontakt Einfluss zu nehmen und ihnen Wissen, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten zu vermitteln. Das gilt ebenso für vergleichbare Tätigkeiten, sofern der persönliche Kontakt und die pädagogische Ausrichtung gegeben sind. Begünstigt sind daher u.a. auch Lehr- und Vortragstätigkeiten.
Aktuell hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass bei einem Professor einer Hochschule Einkünfte aus einer abgrenzbaren nebenberuflichen Vortragstätigkeit nicht durch den Übungsleiterfreibetrag begünstigt sein sollen. Die Begründung mutet seltsam an: Die Vortragstätigkeit sei keine Tätigkeit als Ausbilder, Übungsleiter oder Erzieher und auch keine vergleichbare Tätigkeit in einer vornehmlich pädagogischen Ausrichtung (FG Köln vom 19.10.2017, 15 K 2006/16).
Die Begründung für die Verweigerung der Steuervergünstigung überrascht: Der Übungsleiterfreibetrag werde gewährt für eine Nebentätigkeit mit einer „pädagogischen Ausrichtung“. Ausbilder, Übungsleiter und Erzieher hätten miteinander gemeinsam, dass sie auf andere Menschen durch persönlichen Kontakt Einfluss nehmen, um auf diese Weise geistige und leibliche Fähigkeiten zu entwickeln und zu fördern.
Nach diesen Maßstäben stelle die Vortragstätigkeit des Professors keine Tätigkeit im vorgenannten Sinne dar. Dies sei keine Tätigkeit als Ausbilder, Übungsleiter oder Erzieher; auch werde der Professor nicht ähnlich einem Ausbilder, Übungsleiter oder Erzieher in einer vornehmlich pädagogischen Ausrichtung tätig. Vielmehr halte er „nur“ Vorträge zu speziellen Themen mit teilweiser rechtspolitischer Ausrichtung oder in der Weise einer Fortbildungsmaßnahme für Fachanwälte, welche dem vorgenannten Tätigkeitsbild nicht entspreche.
Der Zweck des § 3 Nr. 26 EStG solle insbesondere Ausbilder, Übungsleiter und Erzieher im Sportbereich und ähnlichen Bereichen einer Breitenbildung (z.B. durch Volkshochschulen), insbesondere in der Kinder- und Jugendförderung, bei gemeinnützigen Vereinen fördern. Rechtspolitische Vortragstätigkeiten oder Fachanwaltsfortbildungen erfüllten diesen Zweck nicht. Aha!
Nach unserer Auffassung widerspricht das Urteil des FG Köln der geltenden Rechtslage: Begünstigt ist nämlich u.a. „die Lehr- und Vortragstätigkeit im Rahmen der allgemeinen Bildung und Ausbildung oder im Rahmen der beruflichen Ausbildung und Fortbildung“ (R 3.26 Abs. 1 LStR).
Mit einer Vortragstätigkeit im Rahmen einer Nebentätigkeit kann u.E. der Vortragende durchaus auf andere Menschen durch persönlichen Kontakt Einfluss nehmen, um auf diese Weise geistige und leibliche Fähigkeiten zu entwickeln und zu fördern. Gegen das Urteil wurde beim BFH Nichtzulassungsbeschwerde erhoben (VIII B 5/18).