Mit seiner Entscheidung vom 25.4.2018 hat der Bundesfinanzhof erstmals verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Nachzahlungszinsen geäußert – jedenfalls für Verzinsungszeiträume ab 1. April 2015 (Az. IX B 21/18). Daneben sind derzeit auch beim Bundesverfassungsgericht zwei Verfassungsbeschwerden zur Zinsproblematik anhängig, die die Zinszeiträume ab 2010 betreffen (1 BvIR 2237/14, 1 BvIR 2422/17).
Zwar gewährt die Finanzverwaltung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 eine Aussetzung der Vollziehung (vgl. SteuerSparbrief Juli/August 2018). Eine generelle Änderung der Steuerverzinsung hält die Bundesregierung aber nicht für geboten, solange das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden hat. Hinzuweisen ist insoweit auf die Bundestags-Drucksache 19/2766, Antwort auf Frage 12: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sollte nach Auffassung der Bundesregierung Grundlage für das weitere Vorgehen sein.“
Aktuell hält die Bayerische Landesregierung – möglicherweise vor dem Hintergrund der anstehenden Landtagswahlen – ein Zuwarten auf die Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes nicht mehr für vertretbar. Sie setzt sich für die umgehende Absenkung des gesetzlichen Zinssatzes (§ 238 Abs. 1 S. 1 S.1 AO) von 0,5 auf 0,25 % pro Monat ein (Bundesrats-Drucksache 324/18). Ob der Antrag Erfolg haben wird, kann aus heutiger Sicht zwar nicht beurteilt werden. Er zeigt aber, in welche Richtung sich möglicherweise eine Neuregelung bewegen wird.
Unabhängig davon sollten betroffene Steuerzahler weiterhin alle Zinsbescheide anfechten, und zwar nicht nur die mit Verzinsungszeiträumen ab April 2015. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung hingegen sollten üblicherweise auf die Verzinsungszeiträume ab April 2015 beschränkt werden.
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Hinweis: Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sollte gegebenenfalls auf den Verzinsungszeitraum ab 1.4.2015 beschränkt werden. Sollte indes ein starkes Interesse an einer Aussetzung der Vollziehung auch für die früheren Verzinsungszeiträume bestehen, wäre der Antrag entsprechend zu erweitern. Er muss dann allerdings umfassend begründet werden.