Minijobber: Neue Geringfügigkeitsgrenze ab Oktober 2022

Minijobber: Neue Geringfügigkeitsgrenze ab Oktober 2022
pixabay/OrMaVaredo Lizenz: Pixabay Lizenz

Eine geringfügige Beschäftigung (Minijob) lag bisher vor, wenn der Arbeitslohn nicht höher war als 450 Euro im Monat (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV). Dieser Verdienst ist steuer- und sozialversicherungsfrei. Dies gilt auch dann, wenn ein einziger Minijob neben einer versicherungspflichtigen Haupttätigkeit ausgeübt wird. Zum 1. Oktober 2022 sind einschneidende Änderungen für Minijobber und ihre Arbeitgeber in Kraft getreten. So beträgt die Geringfügigkeitsgrenze nun 520 Euro statt 450 Euro und ist zudem dynamisch ausgestaltet.

Das heißt: Die Minijobgrenze wächst mit, wenn sich der Mindestlohn von derzeit 12 Euro pro Stunde weiter erhöht. Zudem wurde nun gesetzlich geregelt, dass die Geringfügigkeitsgrenze innerhalb eines Zeitjahres nur zweimal überschritten werden darf.

Konkret: Überschreitet der durchschnittliche Monatsverdienst eines Minijobber die Verdienstobergrenze von 520 Euro, liegt kein Minijob mehr vor. Für eine geringfügige Beschäftigung ist es jedoch unschädlich, wenn die Geringfügigkeitsgrenze nur „gelegentlich und unvorhersehbar“ überschritten wird. „Gelegentlich“ ist ein Überschreiten bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres.

Darüber hinaus darf die Überschreitung maximal 520 Euro monatlich betragen, sodass auf Jahressicht ein maximaler Verdienst bis zur Höhe des 14-fachen der Minijobgrenze möglich sein wird. Ein Minijobber darf also grundsätzlich 6.240 Euro und in begründetem Ausnahmefall höchstens 7.280 Euro innerhalb von zwölf Monaten verdienen.

Aktuell haben die Spitzenverbände der Sozialverbände die Geringfügigkeits-Richtlinien überabeitet. Sie datieren vom 16.8.2022 und nehmen zu den Änderungen Stellung, die sich derzeit ergeben. Nachfolgend stellen wir Ihnen einige wichtige Punkte vor.

Zulässiges gelegentliches unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze

Überschreitet das Arbeitsentgelt nicht regelmäßig, sondern nur ausnahmsweise und unvorhersehbar die Geringfügigkeitsgrenze, ohne dauerhaft beabsichtigt zu sein, wirkt sich das nicht auf die Einstufung als Minijobber aus. Im Einzelnen gilt:

  • Ein gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze bis zum Doppelten der Geringfügigkeitsgrenze (1.040 Euro) führt nicht zur Beendigung der geringfügig entlohnten Beschäftigung. Als gelegentlich ist dabei ein Zeitraum von bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres anzusehen.
  • Der Jahreszeitraum ist nicht der Zeitraum 1.1. bis 31.12., also das Kalenderjahr. Er ist vielmehr in der Weise zu ermitteln, dass vom letzten Tag des jeweiligen Beschäftigungsmonats ein Jahr zurückgerechnet wird (z.B. Überschreitung im Juni 2023 = Jahreszeitraum vom 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023).

Als unvorhersehbar gilt die Zahlung eines Arbeitsentgelts, das der Arbeitgeber im Rahmen seiner vorausschauenden Jahresbetrachtung nicht mit hinreichender Sicherheit berücksichtigen konnte, weil es zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war. Darunter fallen beispielsweise Mehrarbeiten aus unvorhersehbarem Anlass (z.B. Krankheitsvertretung) sowie Einmalzahlungen, die dem Grunde und der Höhe nach vom Geschäftsergebnis oder einer individuellen Arbeitsleistung des Vorjahres abhängen.

Im Kalendermonat des unvorhersehbaren Überschreitens ist die zusätzliche Zahlung eines Arbeitsentgelts unschädlich, solange das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt in diesem Kalendermonat das Doppelte der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreitet. Aufgrund dieser Regelung ist wegen des zweimaligen unvorhersehbaren Überschreitens innerhalb eines Zeitjahres im Rahmen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung somit maximal ein Jahresverdienst möglich, der dem 14-fachen der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze (7.280 Euro) entspricht.

Beispiel:
Eine familienversicherte Raumpflegerin ist geringfügig entlohnt beschäftigt und verdient seit dem 1. Januar 2023 monatlich 520 Euro. Sie hat sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Ende Juli 2023 bittet der Arbeitgeber sie wider Erwarten, vom 1.8. bis zum 30.9.2023 zusätzlich eine Krankheitsvertretung zu übernehmen. Dadurch erhöht sich das Arbeitsentgelt in den Monaten August und September 2023 auf monatlich 1.040 Euro.

Aufgrund der Krankheitsvertretung übersteigt das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt im Durchschnitt der Jahresbetrachtung (1.1.2023 bis 31.12.2023) die für die Annahme eines Minijobs maßgebende Geringfügigkeitsgrenze von 520 Euro. Die Raumpflegerin bleibt dennoch auch für die Zeit vom 1.8. bis 30.9.2023 weiterhin geringfügig entlohnt beschäftigt, da es sich innerhalb des maßgebenden Zeitjahres (1.10.2022 bis 30.9.2023) nur um ein gelegentliches (maximal zweimaliges) und unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze handelt.

Das vereinbarte monatliche Arbeitsentgelt von 520 Euro hat sich in dem jeweiligen Kalendermonat des Überschreitens maximal auf das Doppelte der Geringfügigkeitsgrenze (1.040 Euro) erhöht. Der Arbeitgeber hat (auch in der Zeit vom 1.8. bis zum 30.9.2023) weiterhin Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung aufgrund der durchgehend geringfügig entlohnten Beschäftigung zu zahlen. Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wirkt fort.

Unzulässiges unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze

Wird die monatliche Geringfügigkeitsgrenze innerhalb des maßgebenden Zeitjahres in mehr als zwei Kalendermonaten durch den Minijobber unvorhersehbar überschritten, ist das Überschreiten nicht mehr gelegentlich und es liegt kein Minijob (mehr) vor.

Die Ausnahme-Regelung, also die unschädliche Zwei-Monats-Regelung, gilt auch dann nicht, wenn lediglich in einem Monat ein zusätzliches Entgelt gezahlt wird, mit diesem aber das Doppelte der Geringfügigkeitsgrenze (mehr als 1.040 Euro) überschritten wird.

Beispiel:
Ein gesetzlich krankenversicherter Kellner im Eiscafé verdient monatlich regelmäßig 520 Euro. Ende Juli 2023 bittet der Arbeitgeber den Kellner wider Erwarten, vom 1.8. bis zum 30.9.2023 eine Krankheitsvertretung zu übernehmen. Dadurch erhöht sich sein Arbeitsentgelt in den Monaten August und September jeweils von 520 Euro auf 1.300 Euro. Ab 1.10.2023 wird wieder das vertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt gezahlt.

Der Kellner wird vom 1.8. bis 30.9.2023 versicherungspflichtig in der Kranken -, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung, weil das Arbeitsentgelt das Doppelte der Geringfügigkeitsgrenze von 1.040 Euro überschreitet. Ab 1.10.2023 liegt wieder eine geringfügig entlohnte Beschäftigung vor, weil das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt im Durchschnitt einer von diesem Zeitpunkt an (aufgrund der Weiterzahlung des vertraglich vereinbarten Arbeitsentgelts) neu angestellten Jahresbetrachtung die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt.

Fazit: Wird die Minijob-Grenze innerhalb des Zeitjahres in mehr als zwei Monaten durch den Minijobber überschritten, ist das Überschreiten nicht mehr „gelegentlich“, und es liegt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor. Der Arbeitnehmer ist für diese Kalendermonate dann nicht bei der Minijob-Zentrale, sondern bei der Krankenkasse zu melden. Gleiches gilt, wenn der Verdienst in einzelnen Monaten auch unter Berücksichtigung eines unvorhergesehenen Überschreitens das Doppelte der Geringfügigkeitsgrenze (1.040 Euro) überschreitet oder der Jahresverdienst über dem Betrag von 14-mal der Geringfügigkeitsgrenze (7.280 Euro) liegt.

Sonderfall Schwankendes Arbeitsentgelt

Oben ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Minijobgrenze von derzeit 520 Euro nur zweimal in einem Zeitjahr überschritten werden darf. Es gibt allerdings einen Sonderfall, bei dem auch mehrfache Überschreitungen zulässig sind: Beschäftigungen mit schwankendem Arbeitsentgelt. Zwar sind dann mehr als zweimalige Überschreitungen der 520-Euro-Grenze unschädlich, allerdings darf das Arbeitsentgelt in dem Zeitjahr dann den Betrag von (12 x 520 Euro =) 6.240 Euro insgesamt nicht überschreiten.

Beispiel:
Ein gesetzlich krankenversicherter Kellner im Eiscafé erzielt in den Monaten April bis September monatlich 600 Euro und in den Monaten Oktober bis März monatlich 440 Euro. Das für die versicherungsrechtliche Beurteilung maßgebende Arbeitsentgelt ist wie folgt zu ermitteln: April bis September (6 x 600 Euro =) 3.600 Euro; Oktober bis März (6 x 440 Euro =) 2.640 Euro; zusammen 6.240 Euro. Ein Zwölftel dieses Betrages beläuft sich auf (6.240 Euro: 12 =) 520 Euro und übersteigt die Geringfügigkeitsgrenze nicht, so dass der Kellner geringfügig entlohnt beschäftigt ist.

Achtung: Das Beispiel mag wie ein Freifahrtschein für ein unschädliches mehrmaliges Überschreiten der Minijobgrenze aussehen. Das ist es aber keinesfalls, denn der „Charakter der regelmäßigen geringfügig entlohnten Beschäftigung“ muss auch bei einem schwankenden Gehalt erhalten bleiben. Im Übrigen dürfen die Schwankungen nicht nur auf saisonalen Einflüssen beruhen. Das gilt zumindest dann, wenn die Schwankungen erheblich sind. Beispiel: Eine studentische Hilfskraft verdient als Kellner von Juni bis August 970 Euro monatlich und von September bis Dezember lediglich 60 Euro monatlich. Hier sind die Schwankungen so hoch, dass das mehr als zweimalige Überschreiten der Minijobgrenze schädlich ist.

Hier geht es zu den Geringfügigkeits-Richtlinien vom 16.8.2022.

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
* Pflichtfelder

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.