Leiharbeitnehmer aufgepasst: Mehr Fahrtkosten steuerlich absetzbar?

Leiharbeitnehmer aufgepasst: Mehr Fahrtkosten steuerlich absetzbar?
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Leiharbeitnehmer stehen in einem Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher, nicht mit dem Entleiher. Ihre Einsätze sind oft befristet, was steuerliche Fragen zu Fahrtkosten aufwirft: Können sie ihre Fahrten zur Arbeit nach Reisekostengrundsätzen oder nur mit der Entfernungspauschale absetzen? Der Bundesfinanzhof (BFH) und das Finanzgericht Düsseldorf haben hierzu wichtige Urteile gefällt – mit erfreulichen Ergebnissen für Leiharbeiter.

Wann gilt die Pendlerpauschale?

Ob Fahrtkosten nur mit der Entfernungspauschale (Pendlerpauschale) abziehbar sind oder als Reisekosten in voller Höhe anerkannt werden, hängt von der Einordnung des Arbeitsorts als „erste Tätigkeitsstätte“ ab.

  • Wird ein Leiharbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einer bestimmten betrieblichen Einrichtung des Entleihers dauerhaft zugeordnet, gilt diese als erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG).
  • Eine dauerhafte Zuordnung liegt vor, wenn der Einsatz unbefristet, für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses oder mindestens 48 Monate vorgesehen ist.
  • In diesem Fall sind die Fahrtkosten lediglich mit der Entfernungspauschale (0,30 EUR pro Entfernungskilometer) absetzbar.

Der BFH entschied jedoch, dass eine nur befristete Beschäftigung beim Entleiher nicht als dauerhafte Zuordnung gilt – und damit keine erste Tätigkeitsstätte vorliegt (BFH-Urteil vom 12.05.2022, VI R 32/20).

Neue gesetzliche Höchstdauer für Leiharbeit und ihre Folgen

Seit dem 1. April 2017 regelt § 1 Abs. 1b Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), dass Leiharbeitnehmer maximal 18 Monate beim gleichen Entleiher tätig sein dürfen. Dadurch stellt sich die Frage:

Können Leiharbeiter überhaupt noch eine „lange Einsatzzeit“ bei einem Entleiher haben, die steuerlich als dauerhafte Zuordnung gilt? Wenn man der arbeitsrechtlichen Sichtweise auch steuerlich folgt, könnte dies bedeuten, dass viel mehr Leiharbeiter ihre Fahrtkosten als Reisekosten absetzen können.

Finanzgericht Düsseldorf: Leiharbeitnehmer dürfen Fahrtkosten in voller Höhe abziehen

Das Finanzgericht Düsseldorf entschied zugunsten eines Leiharbeitnehmers, dass die Begrenzung auf 18 Monate eine dauerhafte Zuordnung verhindert. Somit kann der Arbeitnehmer seine Fahrtkosten nicht nur mit der Entfernungspauschale, sondern mit 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer absetzen (Urteil vom 20.11.2024, 15 K 1490/24 E).

Der Fall im Detail:

  • Ein Leiharbeitnehmer war ab August 2021 für einen Personaldienstleister tätig und wurde „bis auf Weiteres“ einem Entleiher zugewiesen.
  • Tatsächlich dauerte sein Einsatz – mit kurzer Unterbrechung – bis Ende 2023.
  • Das Finanzamt setzte die Fahrtkosten nur mit der Entfernungspauschale an, da eine „dauerhafte Zuordnung“ zum Entleiher vorliege.
  • Der Kläger argumentierte, dass dies wegen der gesetzlichen 18-Monats-Grenze im AÜG nicht möglich sei.
  • Das Finanzgericht Düsseldorf folgte dieser Argumentation und erkannte die volle Fahrtkostenerstattung nach Reisekostengrundsätzen an.

Die Richter stellten klar: Die Begrenzung auf 18 Monate verhindert, dass sich der Arbeitnehmer auf eine dauerhafte Tätigkeit einstellen kann. Die steuerliche Beurteilung müsse daher die arbeitsrechtliche Befristung berücksichtigen.

Revision beim BFH anhängig – Einspruch lohnt sich

Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof (VI R 32/24) eingelegt. Ein weiteres Verfahren (VI R 22/23) befasst sich mit einem ähnlichen Fall.

Interessant: Ein früheres Urteil des FG München (21.03.2023, 6 K 1233/20) entschied noch zugunsten des Finanzamts. Allerdings wurde dort der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten der AÜG-Änderung geschlossen. Im aktuellen Fall des FG Düsseldorf hingegen galt die 18-Monats-Grenze bereits bei Beginn des Leiharbeitsverhältnisses.

Was bedeutet das für Leiharbeitnehmer?

Leiharbeiter sollten ihre Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen absetzen und bei Ablehnung durch das Finanzamt Einspruch einlegen. Zudem können sie sich auf die laufenden Verfahren beim BFH berufen und das Ruhen ihres Steuerverfahrens beantragen.

Sollte der BFH die Sichtweise des FG Düsseldorf bestätigen, könnten sich daraus deutliche Steuerersparnisse für viele Leiharbeitnehmer ergeben.

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