Kosten eines Zivilprozesses stellen – seit 2013 – grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung dar. Dies betrifft grundsätzlich jedes gerichtliche Verfahren, somit auch Strafverfahren. Die Kosten eines Zivilprozesses sind nur im Ausnahmefall als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG – unter Anrechnung einer zumutbaren Belastung – absetzbar, „wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können“ (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG). Wie sieht es aber mit den Prozesskosten für die Strafverteidigung des eigenen Kindes aus?
Aktuell hat der Bundesfinanzhof die Kosten für eine Strafverteidigung des heranwachsenden Kindes nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG anerkannt (BFH-Beschluss vom 11.8.2022, VI R 29/20).
Der Fall: Der Sohn wurde wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte im erschwerten Fall tateinheitlich mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, tateinheitlich mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr, sowie des unerlaubten Entfernens vom Unfallort verwarnt (neben Erteilung weiterer Auflagen). Der Sohn wurde jedoch nicht freigesprochen, was im Rahmen der Anwendung des § 33 EStG von Bedeutung ist.
Schon die Vorinstanz hatte darauf hingewiesen, dass man sich nicht mehr auf die BFH-Urteile vom 23.5.1990 (III R 145/85) und vom 30.10.2003 (III R 23/02) berufen kann. Zwar hat der BFH im Urteil III R 145/85 entschieden, dass die Kosten für die Strafverteidigung eines Verbrechens beschuldigten Kindes für die Eltern aus sittlichen Gründen zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG sein können und dies im Urteil III R 23/02 bei Jugendlichen und Heranwachsenden bejaht, bei Volljährigen jedoch offengelassen.
Die Urteile stammen jedoch aus einer Zeit vor Einfügung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG im Jahre 2013 und sind somit zu einer anderen Gesetzeslage ergangen; sie können nicht ohne weiteres auf die neue Gesetzeslage ab 2013 übertragen werden.
Dass über die im Gesetz genannten Einschränkungen hinaus noch weitere Ausnahmen, etwa bezogen auf Strafprozesskosten für Heranwachsende, vorgesehen werden sollten, ist nicht erkennbar. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig und umfasst somit sowohl eigene Prozesskosten als auch solche für Angehörige. Schließlich steht der Anwendung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht entgegen, dass es im Streitfall nicht um einen Strafprozess ging, in dem die Steuerzahler selbst Beschuldigte sind, sondern um Kosten für die Strafverteidigung ihres Sohnes.
Auch der Sohn hätte die Kosten nicht abziehen dürfen. Lediglich im Fall des Freispruchs wären die Anwaltskosten – theoretisch – abziehbar. Allerdings wären dann keine Kosten angefallen. Und falls nun der Beschuldigte mit seinem Anwalt ein höheres Honorar vereinbart hätte, das über den durch die Staatskasse erstattungsfähigen Kosten liegt, kann der übersteigende Betrag mangels Zwangsläufigkeit wiederum nicht steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden (BFH-Beschluss vom 10.6.2015, VI B 133/14; BFH-Beschluss vom 13.12.2016, VIII R 43/14).