Aufwendungen für die erste Berufsausbildung sowie für ein Erststudium als Erstausbildung sind seit einer gesetzlichen Neuregelung im Jahre 2012 nur begrenzt bis 6.000 Euro pro Jahr als Sonderausgaben absetzbar. Falls Berufsausbildung oder Erststudium jedoch im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses (Lehre, duales Studium, Studium bei der Bundeswehr) stattfinden, können die Kosten in vollem Umfang als Werbungskosten berücksichtigt werden. Erfolgt das Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung, sind die Studienkosten ebenfalls als Werbungskosten absetzbar (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG).
Ende 2019 hatte das Bundesverfassungsgericht – entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs (6. Senat) – die gesetzliche Regelung als verfassungsgemäß beurteilt. Die Verfassungshüter widersprechen damit den höchsten Finanzrichtern! (BVerfG-Beschluss vom 19.11.2019, 2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 27/14, veröffentlicht am 10.1.2020).
Aktuell ist nun der Bundesfinanzhof dem Willen des Bundesverfassungsgerichts gefolgt und hat erstmals entschieden, dass Aufwendungen für die Erstausbildung oder das Erststudium ab 2004 nicht (mehr) als Werbungskosten abziehbar sind, wenn die Ausbildung oder das Studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert wird (BFH-Urteil vom 12.2.2020, VI R 17/20).
Der Fall: Eine Studentin machte Aufwendungen für ihr Erststudium als Werbungskosten geltend. Da sie in den Streitjahren keine bzw. nur geringfügige Einkünfte erzielte, wollte sie die dadurch entstehenden Verluste mit künftigen, nach dem Studium erzielten Einkünften verrechnen. Der BFH wollte der Klage der Studentin stattgeben,
sah sich daran aber auf Grund des § 9 Abs. 6 EStG gehindert, der mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 in das EStG aufgenommen worden ist. Danach sind die Aufwendungen für eine Erstausbildung nicht als Werbungskosten abziehbar.
Deren Abzug kommt nur als Sonderausgaben begrenzt auf 6.000 Euro (bis 2011: 4.000 Euro) in Betracht. Da der Sonderausgabenabzug nicht zu einem vortragsfähigen Verlust führt, wirken sich die Aufwendungen aufgrund der während der Ausbildung erzielten geringen Einkünfte regelmäßig nicht bzw. nicht in vollem Umfang steuerlich aus.
Beim BFH war eine Vielzahl von Revisionen zu derselben Rechtsfrage anhängig. Sie betrafen ebenfalls den Werbungskostenabzug der Aufwendungen für das Erststudium sowie insbesondere den Werbungskostenabzug der Aufwendungen für die Pilotenausbildung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfand.
Diese Verfahren wurden nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des BFH zurückgenommen und durch Einstellungsbeschluss erledigt.