Mit Hilfe der automatisierten Kontenspionage können die Behörden heimlich, still und leise feststellen, wer wo wie viele Konten und Depots hat, ohne dass dies Bürger und Banken erfahren. Nicht ersichtlich sind jedoch Kontenstände und Kontenbewegungen. Dafür muss gezielt bei den betreffenden Banken nachgefragt werden.
Bei den Kontenabrufen sind zwei Formen und Wege zu unterscheiden:
- Steuerliche Kontenabrufe: Finanz- und Sozialbehörden können Kontenanfragen über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) starten. Diese Kontrollmöglichkeit besteht seit dem 1.4.2005 (§ 93 Abs. 7 und 8 AO). Seit dem 1.1.2013 dürfen ebenfalls Gerichtsvollzieher und seit dem 1.7.2013 auch Jugendämter diesen Weg nutzen.
- Strafrechtliche Kontenabrufe: Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften dürfen ebenfalls Konten und ihre Besitzer aufspüren und nutzen dazu den Weg über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Auch die Steuerfahndungsstellen der Finanzämter sowie die Zollfahndungsstellen gehen über die BaFin. Diese Option gibt es seit dem 1.4.2003 (§ 24c Kreditwesengesetz).
Aktuell ist von einem neuen zweifelhaften Rekord bei den Kontenabfragen für das Jahr 2015 zu berichten: Finanzämter und Sozialbehörden einschließlich Gerichtsvollzieher und Jugendämter haben im Jahre 2015 so viele heimlichen Kontenabfragen gestartet wie noch nie zuvor – insgesamt 302.150 (Vorjahr: 230 542). Dies ist eine Zunahme von 31 Prozent.
Doch selbst dieser unrühmliche Rekord ist nur zwei Drittel der ganzen Wahrheit: Zusätzlich zu den Kontenabfragen der Finanz- und Sozialbehörden haben Polizei, Staatsanwaltschaften, Zoll- und Steuerfahndung weitere 133.955 Kontenabrufe vorgenommen. Insgesamt sind dies 436.105 Kontenabfragen (Vorjahr: 368.321). Das heißt:
Jeden Arbeitstag wurden durchschnittlich rund 2.000 Bürger ausgeforscht!
Wann dürfen Behörden meine Kontodaten abrufen?
Der Kontenabruf dient prinzipiell dazu, festzustellen, ob Konten oder Depots vorhanden sind, über die bisher noch keine Auskunft vorliegt. Abgerufen werden dürfen die Daten vom Bundeszentralamt für Steuern, wenn der Abruf für das Besteuerungsverfahren notwendig ist. Außerdem dürfen das Bundesamt für Justiz sowie Gerichtsvollzieher sich des Kontenabrufs bedienen. Die zu vollstreckenden Ansprüche müssen dabei mindestens 500 Euro betragen.
Außerdem ist der Abruf auch Behörden möglich, die für die Verwaltung folgender Bereiche zuständig sind:
- Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
- Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Gesetzbuch
- Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG)
- Aufstiegsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsgesetz
- Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz