Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung war der Bachelorgrad einer inländischen Hochschule ein berufsqualifizierender Abschluss. Daraus folgt, dass der Abschluss eines Bachelorstudiengangs den Abschluss eines Erststudiums darstellt und ein nachfolgender Master-Studiengang als weiteres Studium bzw. als Zweitausbildung anzusehen ist. Dann aber besteht ein Kindergeldanspruch nur, wenn das Kind nicht erwerbstätig ist oder höchstens 20 Wochenstunden arbeitet.
Aber ein Masterstudium ist dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung, wenn es zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmt ist (sog. konsekutives Masterstudium). In diesem Fall besteht auch nach Abschluss eines Bachelorstudienganges weiterhin Anspruch auf Kindergeld, ohne dass es auf den Umfang einer Erwerbstätigkeit ankommt (BFH-Urteil vom 3.9.2015, VI R 9/15; ebenfalls BMF-Schreiben vom 8.2.2016, Tz. 19).
Aktuell hat das Finanzgericht Baden-Württemberg zugunsten der Eltern entschieden, dass die Erstausbildung noch nicht mit dem Bachelorabschluss beendet ist. Abgeschlossen sei die erstmalige Berufsausbildung erst mit Abschluss des Masterstudiums. So kann ein Kindergeldanspruch auch bei einem berufsbegleitenden Masterstudium bestehen, obwohl das Kind in Vollzeit arbeitet. Es handelt sich hier um eine sog. „mehraktige Berufsausbildung“ (FG Baden-Württemberg vom 16.1.2018, 6 K 3796/16; Revision III R 26/18).
Der Fall: Die Tochter hat ihr Bachelorstudium im Studiengang Betriebswirtschaftslehre mit der Studienrichtung Dienstleistungsmanagement an der Dualen Hochschule am 30.9.2015 mit dem „Bachelor of Arts“ abgeschlossen. Ihr Ausbildungsbetrieb beschäftigt sie seit dem 1.10.2015 als Angestellte in Vollzeit.
Zeitgleich beginnt die Tochter ein berufsbegleitendes Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie mit geplantem Abschluss „Master of Science Wirtschaft und Psychologie“. Nach Auffassung der Familienkasse besteht seit Oktober 2015 kein Anspruch auf Kindergeld mehr, weil das Masterstudium ein weiterbildender Studiengang sei und eben nicht die Erstausbildung fortführe.
Nach Auffassung der Richter muss eine erstmalige Berufsausbildung nicht bereits „mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein“. Entscheidend seien das angestrebte Berufsziel und ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsganges darstelle.
Das angestrebte Berufsziel einschließlich des damit erforderlichen Ausbildungsabschlusses müsse „spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses der (vorangegangenen) Ausbildungsmaßnahme feststehen und aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein“.
Im Urteilsfall stünden die Ausbildungsabschnitte zueinander in einem engen sachlichen sowie zeitlichen Zusammenhang. Es bestehe eine inhaltliche Verknüpfung, da beide Studien auf typische kaufmännische Aufgaben in der Wirtschaft, insbesondere in den Bereichen Personal, Organisation und Marketing, vorbereiteten. Der Begriff Berufsausbildung enthalte kein einschränkendes Erfordernis eines zeitlichen Mindestumfangs. Erforderlich sei eine Ausbildungsmaßnahme, die als Grundlage für den angestrebten Beruf geeignet sei.
Hierfür spreche auch die Zusage des Arbeitsgebers, das Masterstudium finanziell zu fördern. An einer ernsthaften und nachhaltigen Vorbereitung auf den angestrebten Beruf fehle es nicht schon, wenn das Kind neben der Ausbildungsmaßnahme arbeite. Der stringente Verlauf des absolvierten Studiums belege die ernsthafte und nachhaltige Durchführung.