Kinderfreibetrag: Übertragung trotz Haushaltsgemeinschaft möglich?

Kinderfreibetrag: Übertragung trotz Haushaltsgemeinschaft möglich?
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Der Kinderfreibetrag steht grundsätzlich beiden Elternteilen jeweils zur Hälfte zu. Bei getrennt lebenden bzw. nicht miteinander verheirateten Elternteilen kann also jeder für sich ein Halb des Freibetrages in Anspruch nehmen. Wie wird das in einer Haushaltsgemeinschaft der Eltern geregelt?

Der halbe Kinderfreibetrag kann auf Antrag nur dann übertragen werden, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil

  • seiner Unterhaltsverpflichtung nicht im Wesentlichen nachkommt oder
  • mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.

Wenn also ein Elternteil gezwungenermaßen allein für den Unterhalt des Kindes aufkommt, bekommt er auch allein die Entlastung mittels Kinderfreibetrages. Eine Übertragung scheidet hingegen für einen Elternteil aus, der Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bezieht, weil dieser insoweit nicht allein für den Unterhalt des Kindes aufkommt.

Wie im Mai 2022 berichtet, musste sich der Bundesfinanzhof mit der Frage befassen, ob eine Übertragung des Kinderfreibetrages auf den einen Elternteil möglich ist, wenn der andere Elternteil zwar nur über geringe Mittel verfügt und dementsprechend finanziell nur wenig zum Kindesunterhalt beisteuern kann, die Eltern aber in einem Haushalt zusammenleben. Sein Urteil lautet, dass eine Übertragung nicht möglich ist.

Begründung: Ein Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfülle seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes (BFH Urteil vom 15.12.2021, III R 24/20). Das heißt, dass der Unterhalt durch die Betreuung erbracht werden kann und dass es zumindest bei intakten Partnerschaften mit Haushaltsgemeinschaft nicht auf die Frage des finanziellen Unterhalts ankommt.

Allerdings haben wir noch einmal genauer in das Urteil geschaut und dort folgender Satz ins Auge gefallen: „Ebenso ist denkbar, dass ein Elternteil, der die Betreuung des Kindes übernehmen soll, dazu krankheitsbedingt nicht in der Lage und deshalb insoweit – entsprechend einer wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit – mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.“

Wie wir diesen Satz interpretieren, soll folgendes Beispiel zur Haushaltsgemeinschaft  verdeutlichen.

Beispiel: Frau Müller und Herr Meier, nicht miteinander verheiratet, leben mit ihren beiden minderjährigen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Die Partnerschaft ist intakt. Frau Müller hat das ganze Jahr 2021 gearbeitet und Einkünfte von 75.000 EUR erzielt. Herr Meier leidet nach einer Corona-Infektion im Jahre 2020 an Long-Covid und konnte im Jahre 2021 nicht arbeiten. Er verfügte im Jahre 2021 über keine nennenswerten Einkünfte und Bezüge, da er vor seiner Krankheit als Solo-Selbstständiger gearbeitet hat und dementsprechend in 2021 auch kein Kurzarbeitergeld bekam. Aufgrund seiner Krankheit konnte er die Kinder nicht hinreichend betreuen.

Unseres Erachtens kann Frau Müller hier die Übertragung der halben Kinderfreibeträge von Herrn Meier mit Erfolg beantragen, da er seiner Unterhaltspflicht weder finanziell noch durch die Betreuung der Kinder nachgekommen ist.

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