Bei dauernd getrennt lebenden, geschiedenen oder nicht miteinander verheirateten Eltern stehen der Kinderfreibetrag und BEA-Freibetrag (für Betreuung, Erziehung und Ausbildung) grundsätzlich beiden Elternteilen je zur Hälfte zu. Die Übertragung des halben Kinderfreibetrages von einem Elternteil (Unterhaltsempfänger) auf den anderen Elternteil (Unterhaltszahler) ist ohne weiteres nicht möglich – auch nicht aufgrund eines einvernehmlichen Antrags.
Eine häufig vorkommende Konstellation: Bei geschiedenen oder nicht miteinander verheirateten Eheleuten lebt das gemeinsame Kind bei der Mutter, die Hartz IV (also Arbeitslosengeld II) bezieht. Der Vater bezahlt für das Kind den erforderlichen Barunterhalt. Da die Mutter mangels Steuerzahlung von ihrem hälftigen Kinder- und BEA-Freibetrag keinerlei Vorteil hat, wäre es doch besser, wenn sie ihre Hälfte der Freibeträge auf den Vater übertragen würde und dieser dadurch eine höhere Steuerersparnis hätte. Diesen Vorteil könnte er sogar mit der Mutter teilen. Geht das?
Aktuell hat der Bundesfinanzhof genau diesen Fall – allerdings mit umgekehrten Vorzeichen (Vater betreut das Kind und bezieht Hartz IV, Mutter zahlt Unterhalt) – in aller Deutlichkeit geklärt und die geltende Rechtslage bestätigt. Dass der betreuende Elternteil SGB II-Leistungen bezieht, rechtfertigt nicht die Übertragung des hälftigen Kinder- und BEA-Freibetrages auf den Barunterhalt zahlenden Elternteil (BFH-Urteil vom 15.6.2016, III R 18/15).
(1) Übertragung des hälftigen Kinderfreibetrages
Der halbe Kinderfreibetrag kann auf Antrag nur dann auf den betreuenden Elternteil übertragen werden, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil
- seiner Unterhaltsverpflichtung nicht im Wesentlichen nachkommt, d. h. diese nicht zu mindestens 75 % erfüllt, oder
- mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; dies gilt erst seit 2012 (§ 32 Abs. 6 Satz 6-7 EStG).
Im Urteilsfall wurde die umgekehrte Übertragung vom betreuenden auf den barunterhaltspflichtigen Elternteil begehrt. Eine solche Übertragung scheitert bereits daran, dass der betreuende Elternteil seine Unterhaltspflicht durch die Pflege und Erziehung (Betreuungsunterhalt) erfüllt hat. Zudem ist der Unterhaltszahler seiner elterlichen Unterhaltspflicht durch Zahlung der Geldrente (Barunterhalt) nachgekommen.
(2) Übertragung des hälftigen BEA-Freibetrages
Der hälftige BEA-Freibetrag (für Betreuung, Erziehung und Ausbildung) kann unabhängig und abweichend vom Kinderfreibetrag nur für minderjährige Kinder übertragen werden, und zwar nur vom barunterhaltspflichtigen auf den betreuenden Elternteil. Dazu genügt ein einseitiger Antrag des betreuenden Elternteils. Anders als beim Kinderfreibetrag wird hier nicht vorausgesetzt, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil seiner Unterhaltspflicht nicht im Wesentlichen nachkommt. Voraussetzung ist jedoch, dass
- das Kind bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil an keinem Tag im Jahr gemeldet ist und
- der barunterhaltspflichtige Elternteil keinerlei Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind nicht regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut; dies gilt erst seit 2012 (§ 32 Abs. 6 Satz 8-9 EStG).
Im Urteilsfall wird die umgekehrte Übertragung vom betreuenden auf den barunterhaltspflichtigen Elternteil beantragt. Eine solche Übertragung ist ausgeschlossen, weil das Kind beim barunterhaltspflichtigen Elternteil nicht gemeldet war. Hier kommt hinzu, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil das Kind nicht nur unwesentlich mitbetreut hat.