Wird eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung wieder verkauft, ist ein Veräußerungsgewinn zu versteuern. Handelt es sich um ein selbst genutztes Haus oder eine Eigentumswohnung, bleibt ein Veräußerungsgewinn aus dem Immobilienverkauf steuerfrei, sofern die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen „zu eigenen Wohnzwecken“ genutzt wurde oder die Immobilie im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren „zu eigenen Wohnzwecken“ genutzt wurde (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
- Falls also bei Trennung das Haus noch im Jahr des Auszugs verkauft wird, bleibt der Veräußerungsgewinn steuerfrei. Findet der Verkauf nach der Scheidung bzw. nach dem Trennungsjahr statt, muss mit einer Besteuerung des Gewinns gerechnet werden. Denn eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ liegt nicht vor, wenn die Wohnung an den getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten unentgeltlich überlassen wird.
- Gehört ein Eigenheim beiden Eheleuten gemeinsam und erwirbt die Ex-Gattin, die weiterhin im Haus lebt, ein Jahr nach dem Auszug des Mannes dessen Miteigentumsanteil, muss der Mann seinen Gewinnanteil versteuern, denn er hat das Haus nach seinem Auszug nicht mehr „zu eigenen Wohnzwecken“ genutzt.
- Eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ liegt auch dann vor, wenn die Wohnung einem Kind unentgeltlich zur alleinigen Nutzung überlassen wird, für das Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht. Dies ist solange der Fall, wie das Kind in Berufsausbildung ist und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. In diesem Fall ist die Nutzung der Wohnung durch das Kind als eigene Nutzung zu werten, weil der Vater damit seine Unterhaltspflicht erfüllt.
- Was aber gilt, wenn nach dem Auszug des Vaters das gemeinsame minderjährige Kind zusammen mit der Mutter weiterhin im Haus lebt? Der Vater überlässt also dem Kind seinen Miteigentumsanteil zur Nutzung, während die Mutter ihren Miteigentumsanteil aus eigenem Recht nutzt. Gilt diese Nutzung durch das Kind beim Vater als „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“, so dass ein Veräußerungsgewinn steuerfrei bliebe?
Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden: Veräußert der geschiedene Ehegatte im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Ehescheidung seinen Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Einfamilienhaus an den früheren Ehepartner, kann der Immobilienverkauf als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung unterfallen (BFH-Urteil vom 14.2.2023, IX R 11/21).
Der Fall: Die Eheleute hatten im Jahr 2008 gemeinsam ein Einfamilienhaus erworben und dieses zunächst mit ihrem gemeinsamen Kind bewohnt. Nachdem die Ehe in die Krise geriet, zog der Ehemann 2015 aus. Die Ehefrau verblieb mit dem gemeinsamen Kind im Haus. Anschließend wurde die Ehe geschieden. Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung im Scheidungsverfahren kam es zwischen den getrennt lebenden Ehepartnern zum Streit über die Immobilie. Nachdem die Ehefrau dem Kläger die Versteigerung angedroht hatte, veräußerte der Ehemann im Jahr 2017 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an die Ehefrau. Diese nutzte die Immobilie weiterhin mit dem gemeinsamen Kind zu eigenen Wohnzwecken. Das Finanzamt unterwarf den Gewinn aus der Veräußerung des Miteigentumsanteils der Einkommensteuer.
Der BFH bestätigt, dass ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft bei einem solchen Immobilienverkauf vorliegt. Dies ist der Fall, wenn eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren angeschafft und wieder veräußert wird. Dies gilt auch für einen hälftigen Miteigentumsanteil, der im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach einer Ehescheidung von einem Miteigentümer an den anderen veräußert wird. Zwar ist der Immobilienverkauf dann nicht steuerpflichtig, wenn die Immobilie durchgängig zwischen Anschaffung und Veräußerung oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Ein in Scheidung befindlicher Ehegatte nutzt das in seinem Miteigentum stehende Immobilienobjekt aber nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken, wenn er ausgezogen ist und nur noch sein geschiedener Ehegatte und das gemeinsame Kind weiterhin dort wohnen.
Steuerfreiheit wegen Überlassung an das minderjährige Kind?
Nach dem Auszug aus dem Haus hat der Vater seinen Miteigentumsanteil im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung seinem minderjährigen Kind, für das er Anspruch auf Kindergeld hat, unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Dies müsste ihm doch als „Nutzung zu Wohnzwecken“ zuzurechnen sein, denn seine Ex-Gattin hat das Haus kraft ihres eigenen Miteigentumsanteils bewohnt.
Aber nach Auffassung des BFH nutzt der Mann seinen Miteigentumsanteil nach dem Auszug aus dem Familienheim nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken, wenn der geschiedene Ehepartner und das gemeinsame minderjährige Kind weiterhin dort wohnen. Eine alleinige Wohnnutzung des hälftigen Miteigentumsanteils des Vaters durch dessen minderjährigen Sohn, die dem Vater zuzurechnen wäre, ist nicht anzunehmen (BFH-Urteil vom 14.2.2023, IX R 11/21).
Steuerfreiheit wegen Vorliegen einer Zwangslage?
Der Mann wurde von seiner Ex-Gattin zum Verkauf des Miteigentumsanteils unter Druck gesetzt. Seine Ex-Frau hat mit der Zwangsversteigerung gedroht, wenn er seinen Anteil nicht an sie veräußern würde. So war er quasi gezwungen, seinen Miteigentumsanteil noch vor Ablauf der Spekulationsfrist zu veräußern, um einen angemessenen Preis beim Verkauf zu erzielen und damit einen wirtschaftlichen Schaden soweit wie möglich zu vermeiden.
Aber nach Auffassung des BFH liegt hier keine Zwangslage vor, die ein privates Veräußerungsgeschäft ausschließt, wie etwa bei einer Enteignung oder einer Zwangsversteigerung. Zwar hatte die geschiedene Ehefrau ihren Ex-Partner erheblich unter Druck gesetzt. Letztlich hat dieser aber seinen Anteil an dem Einfamilienhaus an seine geschiedene Frau „willentlich“ veräußert. Ob er sich dabei in einer wirtschaftlichen oder emotionalen Zwangssituation befand, ist grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Tatsache, dass durch den Verkauf an die Ex-Frau ein wirtschaftlicher Schaden vermieden werden sollte, reicht allein nicht aus, um von einer Zwangslage wie bei einer Enteignung auszugehen (BFH-Urteil vom 14.2.2023, IX R 11/21).
Eigentlich hilft es nur, mit dem Immobilienverkauf oder der Verkauf eines Grundstücksteils bis zum Ablauf der zehnjährigen Haltefrist zu warten oder aber einen Verkauf unmittelbar nach der Trennung in Erwägung zu ziehen, um zumindest die Alternative 2 des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu erfüllen („… im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.“). Wenn die Ex-Partner zerstritten sind, kann die Umsetzung dieser Ratschläge aber schwierig sein.