Arbeitsunfälle sind Unfälle von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung. Sie sind versichert über die gesetzliche Unfallversicherung und werden durch die Berufsgenossenschaften medizinisch, beruflich und sozial rehabilitiert (§ 8 SGB VII). Aber gilt das auch bei Ausübung der Tätigkeit in einem Home-Office?
Die Frage, ob es sich um einen Arbeits- bzw. Dienstunfall handelt oder nicht, kann für den Betroffenen große finanzielle Folgen haben: Wenn es ein Arbeitsunfall ist, kommt die Berufsgenossenschaft, also die gesetzliche Unfallversicherung des Unternehmens, für die Heilbehandlungskosten auf. Ist es kein Arbeitsunfall, hängt es davon ab, ob der Verletzte eine private Unfallversicherung abgeschlossen hat. Ist dies nicht der Fall, muss er Behandlungskosten, die von der Krankenkasse nicht gedeckt sind, selbst tragen.
Sturz im „Home-Office“ kein Arbeitsunfall
Aktuell hat das Bundessozialgericht entschieden, dass ein Sturz im „Home-Office“ kein Arbeitsunfall ist. Eine Absicherung über die gesetzliche Unfallversicherung sei daher nicht gegeben. Bei einem „Home-Office“ hat nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer die der privaten Wohnung innewohnenden Risiken zu verantworten hat. Zwar führt die arbeitsrechtliche Vereinbarung von Arbeit in einem „Home-Office“ zu einer Verlagerung vom Unternehmen in den häuslichen Bereich, doch eine betriebliche Arbeit „zu Hause“ nimmt der Wohnung nicht den Charakter der privaten, nicht versicherten Lebenssphäre. Daher ist es sachgerecht, das vom häuslichen Bereich ausgehende Unfallrisiko dem Versicherten und nicht der gesetzlichen Unfallversicherung zuzurechnen (BSG-Urteil vom 5.7.2016, B 2 U 5/15 R).
Der Fall: Eine Arbeitnehmerin arbeitete aufgrund einer Dienstvereinbarung mit ihrem Arbeitgeber in einem gesonderten Raum im Dachgeschoss ihrer Wohnung an einem Telearbeitsplatz. Sie verließ den Arbeitsraum, um sich in der Küche, die einen Stock tiefer lag, Wasser zu holen. Dabei rutschte sie auf der in das Erdgeschoss führenden Treppe aus und brach sich den linken Fuß. Die Berufsgenossenschaft hat das Vorliegen eines Arbeitsunfalls verneint. Das Landessozialgericht hat die Berufsgenossenschaft verurteilt, einen Arbeitsunfall anzuerkennen.
Doch das Bundessozialgericht hat anders entschieden: Kein Arbeitsunfall. Die Arbeitnehmerin habe sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem Betriebsweg befunden, sondern in ihrem persönlichen Lebensbereich. Den Weg zur Küche habe sie nicht zurückgelegt, um ihre versicherte Beschäftigung auszuüben, sondern um Wasser zum Trinken zu holen. Damit sei sie einer typischen eigenwirtschaftlichen, nicht versicherten Tätigkeit nachgegangen und habe keinen betrieblichen Vorgaben oder Zwängen unterlegen.
SteuerGo: Nach bisheriger Rechtsprechung kann allerdings der erstmalige Weg am Morgen zum Arbeitszimmer unfallversichert sein. Ob das Bundessozialgericht weiter daran festhält, ließen die Richter offen. Bei einem Arbeits- oder Dienstunfall steht das gesundheitsschädigende Ereignis in eindeutigem Zusammenhang mit dem Beruf. Alle durch den Unfall entstehenden Aufwendungen können dann als Werbungskosten absetzbar. Liegt kein Arbeitsunfall vor, können die selbst getragenen Aufwendungen nur im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen – nach Überschreiten der zumutbaren Belastung – abgesetzt werden.