Leih- oder Zeitarbeitnehmer stehen nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Entleiher, sondern zum Verleiher. Sie sind typischerweise stets bei Kunden ihres Arbeitgebers tätig. Sie haben also keine feste Arbeitsstätte beim Arbeitgeber. Oftmals sind sie in einem Betrieb für einen längeren Zeitraum tätig, um einen fest umrissenen Arbeitsauftrag auszuführen.
Die Frage ist, ob eine solche Tätigkeit als Auswärtstätigkeit oder als Tätigkeit an einer regelmäßigen Arbeitstätte anzusehen ist.
- Nach alter Rechtslage bis 2013 haben Leih- oder Zeitarbeitnehmer keine regelmäßige Arbeitsstätte, weil die Einsatzstelle beim Kunden keine „ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers“ darstellt. Sie üben also eine Auswärtstätigkeit aus. Jede neue Einsatzstelle gilt als neue Auswärtstätigkeit. Folglich sind die Fahrten zum Entleihbetrieb mit der Dienstreisepauschale von 0,30 Euro je Fahrtkilometer als Werbungskosten absetzbar. Außerdem können sie an jeder neuen Einsatzstelle Verpflegungspauschbeträge für jeweils drei Monate geltend machen (BFH-Urteile vom 15.5.2013, VI R 18/12 und VI R 43/12).
- Nach neuer Rechtslage ab 2014 kann auch der Betrieb des Entleihers die „erste Tätigkeitsstätte“ sein, wenn Leiharbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber einer betrieblichen Einrichtung des Kunden dauerhaft zugeordnet sind. Dies ist der Fall, wenn das Zeitarbeitsunternehmen als Arbeitgeber im Arbeitsvertrag festlegt, den Arbeitnehmer im Betrieb des Entleihers unbefristet („bis auf Weiteres“), für die Dauer des Dienstverhältnisses oder länger als 48 Monate zu beschäftigen. Das bedeutet: Fahrten sind nur noch mit der Entfernungspauschale absetzbar, Verpflegungspauschbeträge und Reisenebenkosten werden nicht mehr berücksichtigt (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl. 2014 I S. 1412, Tz. 19).
Aktuell hat das Finanzgericht Niedersachsen als erstes Finanzgericht darüber entschieden, ob nach neuem Reisekostenrecht ab 2014 tatsächlich Leiharbeitnehmer im Betrieb des Entleihers eine erste Tätigkeitsstätte begründen. Die Richter haben gegen den Fiskus entschieden, dass die Zuweisung des Leiharbeitgebers, „bis auf Weiteres“ in einer betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig zu sein, nicht als unbefristet i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG angesehen werden kann.
Daher habe der Zeitarbeitnehmer im Betrieb des Entleihers keine „erste Tätigkeitsstätte“, sondern übe eine Auswärtstätigkeit aus. Folglich können die Fahrten zum Entleihbetrieb mit der Dienstreisepauschale von 0,30 Euro je Fahrtkilometer als Werbungskosten abgesetzt oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Außerdem sind an jeder neuen Einsatzstelle Verpflegungspauschbeträge von 12 Euro täglich für jeweils drei Monate absetzbar oder steuerfrei erstattungsfähig (FG Niedersachsen vom 30.11.2016, 9 K 130/16, Revision).
Der Fall: Ein Arbeitnehmer ist bei einer Leiharbeitsfirma als Helfer beschäftigt. Im Streitjahr 2014 ist er ganzjährig für einen Entleihbetrieb tätig. In seiner Steuererklärung 2014 macht er die Fahrten zwischen der Wohnung und dem Entleihbetrieb mit der Dienstreisepauschale von 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer geltend. Das Finanzamt geht jedoch von einer dauerhaften Zuordnung zum Entleihbetrieb und damit von einer ersten Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers aus und berücksichtigt nur die Entfernungspauschale von 0,30 Euro je Entfernungskilometer.
Hinweis: Das Finanzgericht geht darüber hinaus davon aus, dass aufgrund der gesetzlichen Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung bereits aus Rechtsgründen bei Leiharbeitsverhältnissen keine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb denkbar ist. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist nur eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zulässig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.
Keine Änderung gibt es für die Zeitarbeitnehmer, die lediglich für eine kürzere Dauer in Betrieben der Kunden tätig werden. Sie üben unstrittig eine Auswärtstätigkeit aus und können daher ihre Fahrten mit der Dienstreisepauschale sowie bei mindestens achtstündiger Abwesenheit einen Verpflegungspauschbetrag von 12 Euro täglich in den jeweils ersten drei Monaten an derselben Einsatzstelle als Werbungskosten absetzen.