Beim sogenannten betreuten Wohnen in einer Seniorenresidenz wird vom Anbieter neben der Unterkunft ein Paket an allgemeinen Unterstützungsleistungen über einen Betreuungsvertrag zur Verfügung gestellt, so auch Hilfe und Betreuung im Notfall. Für dieses Hausnotrufsystem ist meist eine Betreuungspauschale zu zahlen, und zwar auch dann, wenn keine Leistungen in Anspruch genommen werden.
Ob für die Betreuungspauschale die Steuervergünstigung gemäß § 35a EStG beansprucht werden kann, beantwortet die Finanzverwaltung wie folgt (BMF-Erlass vom 9.11.2016, BStBl 2016 I S. 1213, Tz. 11):
- Grundsätzlich sind Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen mit 20%, höchstens 4.000 EUR im Jahr, von der Steuerschuld abziehbar (§ 35a Abs. 2 EStG).
- Steuerbegünstigt sind die Kosten für ein Hausnotrufsystem, falls die Rufbereitschaft im Rahmen des „Betreuten Wohnens“ in einer Seniorenwohneinrichtung erfolgt. Die Betreuungspauschale kann somit als haushaltsnahe Dienstleistung zu 20 % direkt von der Steuerschuld abgezogen werden (so auch BFH-Urteil vom 3.9.2015, VI R 18/14).
- Nicht steuerbegünstigt sind aber die Kosten für ein Hausnotrufsystem außerhalb des „Betreuten Wohnens“ in einer Seniorenwohneinrichtung.
Aktuell hat das Finanzgericht Baden-Württemberg gegen den Fiskus entschieden, dass die Kosten für ein Hausnotrufsystem auch dann steuerbegünstigt sind, wenn die Senioren alleine in ihrem Haushalt leben. Auch sie dürfen die Kosten als haushaltsnahe Dienstleistung gemäß § 35a Abs. 2 EStG zu 20 % direkt von der Steuerschuld abziehen. Da üblicherweise Haushaltsangehörige im Bedarfsfall Hilfe holen, ersetze das Notrufsystem bei Alleinlebenden die Überwachung im Haushalt (FG Baden-Württemberg vom 11.6.2021, Az. 5 K 2380/19, Revision zugelassen).
Der Fall: Eine Seniorin lebt allein in ihrem Haushalt und nutzt ein sog. Hausnotrufsystem. Die Ausgaben dafür setzt sie in ihrer Einkommensteuererklärung als haushaltsnahe Dienstleistung an. Das Finanzamt aber verweigert den Steuerabzug mit der Begründung, die Kosten seien nur absetzbar, wenn der Steuerzahler im Heim wohnt.
Nach Auffassung der Finanzrichter sind 20 % der Kosten des Hausnotrufsystems als haushaltsnahe Dienstleistung steuermindernd anzuerkennen. Haushaltsnahe Dienstleistungen seien solche Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des Haushalts oder dort Beschäftigte erbracht werden.
Im Regelfall stellten in einer Haushaltsgemeinschaft lebende Familienangehörige im räumlichen Bereich des Haushalts sicher, dass kranke und alte Haushaltsangehörige im Bedarfsfall Hilfe erhalten. Diese Bereitschaft werde durch von der Seniorin in Anspruch genommene Notrufsystem ersetzt.
Auch das Sächsische Finanzgericht hat klargestellt, dass die Kosten eines externen Hausnotrufsystems steuerlich berücksichtigt werden können (Urteil vom 14.10.2020, 2 K 323/20). Hier liegt allerdings bereits die Revision beim Bundesfinanzhof vor (Az. VI R 7/21).