Der Staat hat ein lukratives Geschäftsmodell erfunden: Zuerst schafft er Steuerregeln, die zum Teil so kompliziert sind, dass sie kein Mensch mehr versteht – aber dennoch befolgen muss. Alsdann verlangt er Gebühren dafür, dass ein Steuerzahler um eine verbindliche Steuerauskunft bittet, weil er wissen will, wie eine Regelung voraussichtlich auszulegen ist, um bei einem geplanten Sachverhalt keinen steuerlichen Schiffbruch zu erleiden (§ 89 Abs. 3 AO). Und diese Gebühren können happig sein!
Die staatliche Abzocke geht so weit, dass eine Gebühr gleich doppelt oder dreifach (oder sogar achtfach!) für die gleiche verbindliche Steuerauskunft verlangt wird. Sind nämlich mehrere Personen von einem steuerlichen Sachverhalt betroffen und stellen sie gemeinsam einen Antrag auf verbindliche Auskunft, wird die Gebühr für jede Person berechnet.
Dies gilt auch dann, wenn alle Antragsteller die gleiche Frage haben und alle die gleiche Auskunft bekommen. Noch im Jahre 2016 hielt der Bundesfinanzhof die doppelte Gebührenerhebung für gerechtfertigt, weil das Gesetz die Gebühr typisierend an den jeweiligen Antrag knüpft (BFH-Urteile vom 9.3.2016, I R 66/14 und I R 81/14).
Aktuell hat das Finanzgericht Münster gegen das Finanzamt und zu Gunsten der Steuerzahler entschieden: Erteilt das Finanzamt acht inhaltsgleiche verbindliche Auskünfte wegen einer mehrstufigen Umstrukturierungsmaßnahme, ist hierfür ein gemeinsamer Gebührenbescheid zu erlassen mit der Folge, dass insgesamt eine geringere Gebühr entsteht (FG Münster vom 8.2.2023, 6 K 1330/20 AO).
Der Fall: Acht Personen waren teils unmittelbar und teils mittelbar an einer Holdinggesellschaft beteiligt. Wegen einer geplanten Umstrukturierungsmaßnahme beantragten alle acht Beteiligten gemeinsam beim Finanzamt die Erteilung einer verbindlichen Steuerauskunft zur Klärung der Frage, ob hierdurch stille Reserven aufgedeckt würden.
Das Finanzamt erteilte jeweils acht inhaltsgleiche verbindliche Auskünfte gegenüber den Beteiligten und setzte gegenüber jedem Beteiligten eine Gebühr fest. Hiergegen legten diese Einsprüche ein und begehrten eine einheitliche Gebührenfestsetzung, da die verbindlichen Auskünfte gegenüber allen Personen nur einheitlich hätten erteilt werden können.
Das Finanzgericht verpflichtete das Finanzamt, gegenüber allen Beteiligten als Gesamtschuldnern nur eine Auskunftsgebühr anzusetzen. Der Erlass mehrerer Gebührenbescheide, in deren Rahmen jeweils die Höchstgebühr festgesetzt werde, sei rechtswidrig. Das Finanzamt habe die verbindliche Auskunft gegenüber allen Personen einheitlich erteilt.
Die Bescheide seien inhaltsgleich gewesen. Die unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse der Kläger seien für das Ergebnis der verbindlichen Auskunft nicht entscheidend gewesen. Das Finanzamt habe nicht in Bezug auf die einzelnen Rechtsfragen, sondern lediglich in Bezug auf die Antragsteller separat abgerechnet. Es sei daher gegenüber allen Klägern als Gesamtschuldnern nur eine Auskunftsgebühr anzusetzen.
Manchmal ändern sich Pläne und so kann es sinnvoll sein, einen Antrag auf Erteilung einer verbindliche Auskunft zurückzunehmen. Wird ein solcher Antrag vor Bekanntgabe der Entscheidung zurückgenommen, kann die Gebühr ermäßigt werden (§ 89 Abs. 7 Satz 2 AO; BFH-Urteil vom 4.5.2022, I R 46/18).