Werden Immobilien innerhalb von zehn Jahren an- und wieder verkauft, so liegt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vor (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die Gewinne aus Veräußerungen innerhalb der Zehn-Jahres-Frist unterliegen grundsätzlich der Einkommensteuer. Doch gilt das auch für ein Gartenhaus in einer Kleingartenkolonie, das veräußert wird?
Lediglich folgende Ausnahmen sind zu berücksichtigen:
- Die Immobilie wurde im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Eine zwischenzeitliche Vermietungsphase wäre steuerschädlich.
- Die Immobilie wurde im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Nicht erforderlich ist jedoch, dass dieser Zeitraum drei volle Kalenderjahre umfasst. Somit kommt es auf den zeitlichen Umfang der Eigennutzung im ersten und dritten Jahr nicht an.
Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, etwa als Ferienwohnung (BFH-Urteil vom 27.6.2017, IX R 37/16). Das Finanzgericht München wollte dieses Urteil aber nicht auf die Nutzung eines Garten- oder Wochenendhaus übertragen, das – entgegen dem Baurecht – dauerhaft bewohnt wird. Ein eventueller Veräußerungsgewinn bei Verkauf innerhalb der Zehn-Jahres-Frist sollte folglich zu versteuern sein (FG München, Urteil vom 15.9.2020, 2 K 1316/19).
Aktuell hat der Bundesfinanzhof gegen die Vorinstanz entschieden: Eine privilegierte Nutzung liegt auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige ein voll erschlossenes „Gartenhaus“ baurechtswidrig dauerhaft bewohnt.
Der Veräußerungsgewinn bleibt folglich auch bei einem Verkauf innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist steuerfrei (BFH-Urteil vom 26.10.2021, IX R 5/21).
Der Fall: Der Kläger erwarb Ende 2009 für 60.000 Euro einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück in einem Kleingartenverein. Auf seiner Parzelle befand sich ein Gartenhaus, das baurechtlich nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen genutzt werden durfte. Offenbar hatte der Kläger es aber dennoch dauerhaft bewohnt, zumal das Gartenhaus immerhin über 60 qm Wohnfläche verfügte. Bereits im Jahre 2014 veräußerte er seinen Miteigentumsanteil wieder, und zwar für sage und schreibe 152.000 Euro.
Das Finanzamt setzte hinsichtlich des Grundstücksverkaufs einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften fest und verlangte über 36.000 Euro Einkommensteuer. Die Klage vor dem Finanzgericht wurde zurückgewiesen. Auch wenn die Eigennutzung über viele Jahre geduldet wurde und das Gartenhaus voll erschlossen ist, so bleibe es dabei, dass diese Duldung nicht zur Rechtmäßigkeit des dauerhaften Bewohnens führt und keine Ausnahme von der Steuerpflicht in Betracht komme. Doch der BFH ist anderer Ansicht.
Begründung: Das gesetzliche Merkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ setzt unter anderem voraus, dass eine Immobilie tatsächlich zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist. Dies betrifft vor allem die Beschaffenheit des Gebäudes. Eine baurechtswidrige Nutzung kann ebenfalls begünstigt sein. Dabei hat sich der BFH maßgebend von Sinn und Zweck der Privilegierung leiten lassen: Die Norm dient der Verhinderung der ungerechtfertigten Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Wohnsitzaufgabe, zum Beispiel wegen eines Arbeitsplatzwechsels. Dieser Gesetzeszweck ist bei baurechtswidriger Nutzung von Wohneigentum ebenso erfüllt wie bei einer mit dem Baurecht übereinstimmenden Nutzung.
Im vergangenen Jahr hat das Niedersächsische Finanzgericht zu der Frage Stellung genommen, ob die Veräußerung eines auf einem Campingplatz aufgestellten Mobilheims als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensbesteuerung unterliegen kann. Das FG hat eine Besteuerung verneint, allerdings liegt auch hier die Revision beim BFH vor (Urteil vom 28.7.2021, 9 K 234/17, Revision IX R 22/21).