Schuldzinsen im Zusammenhang mit vermieteten Objekten sind grundsätzlich im Jahr der Zahlung in voller Höhe steuerlich abziehbar. Lediglich bei einem extrem hohen Disagio können sich von diesem Grundsatz Abweichungen ergeben. Ganz anders sieht die Sache bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten aus: Diese dürfen nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA), zumeist lediglich mit 2 Prozent pro Jahr, als Werbungskosten geltend gemacht werden. Manchmal ist die Abgrenzung zwischen sofort abziehbaren Finanzierungskosten einerseits und Anschaffungs- oder Herstellungskosten durchaus problematisch. Vor allem bei größeren Projekten, in denen die Bank vor der Finanzierung umfangreiche Unterlagen bis hin zu einem sogenannten Projektcontrolling verlangt, kommt es oft zum Streit mit dem Finanzamt.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof geurteilt, dass der Begriff der Schuldzinsen weit zu verstehen ist und hierunter auch Kosten für das Projektcontrolling fallen können. Das ist der Fall, wenn sie als Finanzierungskosten zu beurteilen sind, weil die Auszahlung der Darlehensraten durch die Bank davon abhängt, dass im Rahmen des Controllings für die Bank relevante Unterlagen vorbereitet und Controlling-Reports erstellt werden (BFH-Urteil vom 6.12.2021, IX R 8/21).
Eheleute waren Eigentümer von vier Mehrfamilienhäusern, mit deren Errichtung im Jahr 2011 begonnen worden war und die bis Mitte 2014 fertiggestellt wurden. Die Bank erteilte eine Darlehenszusage über insgesamt 2 Mio. Euro, verlangte aber ein Projektcontrolling. Dieses wurde auch in Auftrag gegeben. Es umfasste unter anderem eine Beratung zur Baukostenplanung, die Überprüfung der Fortführung der Kostenverfolgung und Bauzeitplanung sowie deren Einhaltung und regelmäßige Baubegehungen.
In ihren Einkommensteuererklärungen machten die Eheleute die Kosten für das Projektcontrolling in Höhe von insgesamt über 100.000 Euro als sofort abzugsfähige Finanzierungskosten geltend. Das Finanzamt war hingegen der Auffassung, dass es sich um Herstellungskosten handele, die nur im Wege der AfA zu berücksichtigen seien. Doch das war falsch. Die Kläger seien im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Aufwendungen für das Projektcontrolling sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind – so der BFH.
Begründung: Der Begriff der Schuldzinsen ist nicht in einem zivilrechtlichen (engen) Sinne zu verstehen, sondern weit auszulegen. Hierunter fallen sämtliche Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits. Dazu gehören auch die Nebenkosten der Darlehensaufnahme, einschließlich der Geldbeschaffungskosten. Danach sind etwa Aufwendungen für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung als Schuldzinsen im weiteren Sinne abziehbar, soweit diese Finanzierungszwecken – und nicht der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Herstellungsvorgangs – dient. Zu den Finanzierungskosten rechnet zudem die Provision für eine Fertigstellungsgarantie, wenn sich die Bankinstitute ohne die Garantie nicht zur Hergabe der Kredite an die Bauherren bereitgefunden hätten.
Mit der Herstellung des Gebäudes hängen etwa Entgeltbestandteile zusammen, die die Vertretung des Bauherren gegenüber Behörden, den an der Baudurchführung beteiligten Architekten, Ingenieuren und bauausführenden Unternehmen sowie die sachliche und zeitliche Koordination aller für die Durchführung des Bauprojekts erforderlichen kaufmännischen Leistungen betreffen. Zu den Herstellungskosten rechnen aber auch Aufwendungen der Baubetreuung, soweit es sich um Kosten der Verwaltung im Herstellungsbereich handelt.
Zu diesen Einzelkosten der Herstellung können Aufwendungen für die Aufstellung eines Geldbedarfs- und Zahlungsplans in Koordination mit dem Baufristenplan, die Führung eines Baugeld-Sonderkontos für den Bauherren, die Vornahme des gesamten das Bauprojekt betreffenden Zahlungsverkehrs, die laufende Unterrichtung des Treuhänders, die Übersendung eines Auszugs des Baukontos und die Erstellung der Schlussabrechnung sowie die Erteilung aller erforderlichen Informationen an den Treuhänder gehören. Gleiches gilt für Aufwendungen, die durch das Begleichen der Rechnungen der Bauhandwerker verursacht sind.
Auch wenn gewisse Aspekte für die Annahme von Herstellungskosten sprechen, sind die in Rede stehenden Kosten für das Projektcontrolling sofort abziehbare Werbungskosten in Form von Finanzierungskosten. Denn ohne das Projektcontrolling hätte die Bank die Finanzierung nicht bereitgestellt. Dies reicht zur Begründung des erforderlichen Zusammenhangs mit der Finanzierung des Objekts aus.
Wer eine Bauleitung oder Bauüberwachung in Auftrag gegeben hat, sollte also prüfen, ob die Kosten auf Veranlassung der Bank entstanden sind. Falls ja, sollte angesichts des aktuellen BFH-Urteils weiter geprüft werden, ob die Aufwendungen sofort abziehbare Finanzierungskosten darstellen.