Schadensersatzprozesse wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Falschberatung durch Banken und Anlageberater sind leider keine Seltenheit. Oftmals enden die Rechtsstreitigkeiten mit einem Vergleich. Aber wie es im Leben immer ist: Eine steuerliche Komponente hat auch dieser Sachverhalt und so geht der Streit weiter.
Aktuell hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm eine interessante Entscheidung zur Frage der Kapitalertragsteuerpflicht von Schadensersatzzahlungen gefällt. Danach gilt: Ein Abzug von Kapitalertragsteuer durch das Kreditinstitut von einer Vergleichszahlung wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung bei der Zeichnung eines Schiffsfonds ist nicht gerechtfertigt (Urteil vom 23.10.2018, Az. 34 U 10/18).
Der Fall: Ein Kreditinstitut wurde zunächst in einem Vorprozess wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Es ging um einen Anlageschaden im Zusammenhang mit einem Schiffsfonds, zu dem das Kreditinstitut geraten hatte. Dieser Schiffsfonds basierte darauf, dass der Anleger als Mitunternehmer einzustufen war und als solcher Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte.
Zur Verfahrensbeendigung schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, wonach das Kreditinstitut eine Zahlung von 4.000 Euro leisten und die Beteiligung an dem Schiffsfonds bei dem Geschädigten verbleiben sollte. Das Kreditinstitut zahlte lediglich 3.248,16 Euro. Den Restbetrag behielt es als Kapitalertragssteuer ein und führte sie ab. Der Geschädigte verlangte allerdings weiterhin den Restbetrag, weil nach seiner Auffassung die Vergleichszahlung nicht der Kapitalertragsteuer unterlag. Zu Recht, wie das OLG Hamm entschieden hat.
Für das Kreditinstitut sei eindeutig erkennbar gewesen, dass die Vergleichssumme – soweit sie der Abgeltung des Anlageschadens und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gedient habe – nicht der Kapitalertragsteuer unterliege. Die steuerliche Konzeption des Schiffsfonds habe nämlich darauf abgezielt, dass der Anleger als Mitunternehmer einzustufen sei und gewerbliche Einkünfte erziele. Bei einer solchen Gestaltung erhielte der Anleger gerade keine Einkünfte aus einem Kapitalvermögen, so dass auch keine Kapitalertragsteuerpflicht bestehe. Aufgrund der Angaben in dem Verkaufsprospekt zu dem Schiffsfonds hätte dem klagenden Kreditinstitut dies bewusst sein müssen.
Es handelt sich um die Entscheidung eines Zivilgerichts. Ob die Schadensersatzzahlung letztlich zu versteuern ist, entscheidet aber natürlich die Finanzverwaltung. Das Bundesfinanzministerium vertritt im aktuellen BMF-Schreiben vom 17.1.2019 (IV C 1 – S 2252/08/10004 :023) folgende Auffassung:
„Erhalten Anleger Entschädigungszahlungen für Verluste, die auf Grund von Beratungsfehlern im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage geleistet werden, sind diese Zahlungen besondere Entgelte und Vorteile im Sinne des § 20 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 1 oder 2 EStG, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zu einer konkreten einzelnen Transaktion besteht, bei der ein konkreter Verlust entstanden ist oder ein steuerpflichtiger Gewinn vermindert wird.
Dies gilt auch dann, wenn die Zahlung ohne eine rechtliche Verpflichtung erfolgt und im Übrigen auch bei Entschädigungszahlungen für künftig zu erwartende Schäden. Sofern die Zahlungen in Zusammenhang mit Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds erfolgen, findet der zum Zeitpunkt der Zahlung geltende Teilfreistellungssatz Anwendung.“
Die Haltung der Finanzverwaltung dürfte gleichermaßen für gewerbliche Einkünfte gelten. Doch unumstritten ist die Auffassung nicht, wie das Urteil des FG Münster vom 13.5.2016 (7 K 3799/14 E) zeigt. Betroffene sollten sich ggf. auf diese Entscheidung berufen und ein Ruhen ihres Verfahrens beantragen, bis der BFH in der Revision mit dem Az. VIII R 16/16 entschieden hat.