Erste Tätigkeitsstätte: Geschickte Zuordnung spart Steuern

Erste Tätigkeitsstätte: Geschickte Zuordnung spart Steuern
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Das Reisekostenrecht hält zuweilen einige Kuriositäten bereit. Insbesondere die Zuordnung der ersten Tätigkeitsstätte bei Arbeitnehmern, die in mehreren Betrieben oder Filialen arbeiten, kann zu interessanten Ergebnissen führen. In der Praxis wird oftmals der Fehler begangen, bei den steuerlichen Auswirkungen aufgrund der Zuordnung der Tätigkeitsstätte nur ein einziges Jahr zu betrachten.

Dabei sollten Effekte unbedingt über mehrere Jahre berücksichtigt werden. Denn auch wenn die Steuerersparnis aufgrund einer bestimmten Zuordnung im Erstjahr nur gering erscheinen mag, lassen sich in den Folgejahren bei geschickter Gestaltung einige hundert Euro Steuern zusätzlich sparen.

Nicht selten sind Arbeitnehmer im Rahmen ihres Arbeitsvertrages verpflichtet, die Arbeitsleistung auf Dauer – nicht bloß vorübergehend – an zwei oder mehr Arbeitsstätten ihres Arbeitgebers zu verrichten, zum Beispiel im Hauptbetrieb und in einer Filiale. Seit 2014 kann ein Arbeitnehmer allerdings nur noch eine einzige „erste Tätigkeitsstätte“ pro Dienstverhältnis haben.

Jede Tätigkeit außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte gilt als Auswärtstätigkeit. Das bedeutet für den Abzug der beruflichen Kosten:

  • Nur die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte sind mit der Entfernungspauschale absetzbar, alle weiteren Fahrten mit der Dienstreisepauschale bzw. mit den tatsächlichen Kosten (§ 9 Abs. 4 Satz 5 EStG).
  • Da die Tätigkeit an den anderen Arbeitsstätten als Auswärtstätigkeit gilt, sind zudem die Verpflegungspauschbeträge als Werbungskosten absetzbar oder können vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden.

Falls mehrere Arbeitsstätten die Voraussetzungen einer „ersten Tätigkeitsstätte“ bezüglich Dauer der Tätigkeit oder Umfang der Arbeitszeit erfüllen, gilt folgende Regelung:

  • Als erste Tätigkeitsstätte gilt diejenige, die der Arbeitgeber bestimmt. Dabei muss es sich nicht um die Tätigkeitsstätte handeln, an der Sie den zeitlich überwiegenden oder qualitativ bedeutsameren Teil Ihrer beruflichen Tätigkeit ausüben.
  • Macht der Arbeitgeber von seinem Bestimmungsrecht keinen Gebrauch, gilt als erste Tätigkeitsstätte diejenige, die der Wohnung örtlich am nächsten liegt.

Die Bestimmung der „ersten Tätigkeitsstätte“ erfolgt durch den Arbeitgeber anhand von arbeits- oder dienstrechtlichen Festlegungen, Weisungen und Verfügungen. Natürlich sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer oftmals aus arbeitsrechtlichen, tarifrechtlichen oder innerbetrieblichen Regelungen heraus bei der Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte an gewisse Maßgaben gebunden. Wer jedoch in der Bestimmung frei ist, sollte seinen Gestaltungsspielraum steuerlich optimal ausnutzen.

Beispiel:
Rechtsanwalt Förster unterhält zwei Kanzleistandorte. Sein Mitarbeiter Schröder besucht Standort A jeweils an drei Tagen pro Woche und Standort B an zwei Tagen. Er fährt stets unmittelbar von seiner Wohnung in eines der beiden Büros. Zu beiden Standorten sind es jeweils 10 km. Üblicherweise ist er mehr als acht Stunden im Büro. Zunächst sind Förster und Schröder geneigt, Standort B als erste Tätigkeitsstätte zuzuweisen, um die Fahrten zum Standort A mit 0,30 Euro je gefahrenen km geltend machen zu können, da dieser Standort häufiger aufgesucht wird (Variante 1). Nach einem Blick in den Reisekostenerlass vom 30.9.13 (BStBl I 13, 1279) ändern sie jedoch ihre Meinung (Variante 2).

Bei der ersten Alternative ergeben sich folgende steuerliche Abzugsbeträge:

Variante 1: Standort B als erste Tätigkeitsstätte

Variante 1: Standort B als erste Tätigkeitsstätte

Nun prüfen Förster und Schröder, welche Auswirkungen sich ergeben, wenn Standort A als erste Tätigkeitsstätte behandelt bzw. zugewiesen wird, obwohl die Fahrten dorthin dann nur mit der Entfernungspauschale geltend gemacht werden können:

Variante 2: Standort A als erste Tätigkeitsstätte

Variante 2: Standort A als erste Tätigkeitsstätte

Immerhin kann Schröder nun 498 Euro mehr steuerlich geltend machen. Die Begründung liegt darin, dass die Verpflegungsaufwendungen an dem Standort, der weniger als drei Tage pro Woche aufgesucht wird, ohne zeitliche Beschränkung abgezogen werden können, während im umgekehrten Fall eine Beschränkung auf drei Monate gilt.

Im BMF-Schreiben vom 30.9.13 (BStBl I 13, 1279, Rz. 54) heißt es dazu:

„Eine berufliche Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer an dieser mindestens an drei Tagen wöchentlich tätig wird. Die Dreimonatsfrist beginnt daher nicht, solange die auswärtige Tätigkeitsstätte an nicht mehr als zwei Tagen wöchentlich aufgesucht wird.“

SteuerGo

Rechtsanwalt Förster sollte davon absehen, Standort B für Mitarbeiter Schröder als erste Tätigkeitsstätte festzulegen. Bei der ersten Variante könnte Schröder im kommenden Jahr nämlich keine Verpflegungsaufwendungen mehr geltend machen, während er in Variante 2 auch in den Folgejahren jeweils 1.080 Euro abziehen darf. Somit könnte er im ersten Fall nur noch 1.110 Euro geltend machen, während er im zweiten Fall dauerhaft 2.040 Euro pro Jahr abziehen kann.

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