Erhöhte Lebensmittelkosten wegen Bulimie absetzbar?

Erhöhte Lebensmittelkosten wegen Bulimie absetzbar?
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Eine Bulimie ist medizinisch fraglos als Krankheit zu werten, sie tritt meist bereits unter Heranwachsenden oder im frühen Erwachsenenalter auf. Bei dieser Ess- und Brechsucht handelt es sich um eine psychogene Essstörung, bei der in exzessiver Weise Nahrungsmengen in kürzester Zeit zugeführt und anschließend Maßnahmen (z. B. selbstinduziertes Erbrechen usw.) ergriffen werden, um das Körpergewicht in einem (sub)normalen Rahmen zu halten.

Der Fall: Die Ehefrau leidet seit 20 Jahren an Bulimie. Sie erleidet mindestens fünf Mal am Tag Heißhungerattacken. Pro Heißhungerattacke (bis zu 8.000 kcal) werden Lebensmittel im geschätzten Wert von mindestens 10 Euro „verschlungen“ und wieder erbrochen.

Bei mindestens 20 Attacken pro Woche ergeben sich krankheitsbedingte Mehrkosten in Höhe von mindestens 200 Euro pro Woche. Sind solche krankheitsbedingten Mehraufwendungen für Lebensmittel als außergewöhnliche Belastungen absetzbar?

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass Mehraufwendungen für Lebensmittel wegen einer Bulimieerkrankung steuerlich nicht abzugsfähig sind. Dabei handele es sich nicht um originäre Aufwendungen im Krankheitsfall, sondern vielmehr um Kosten der privaten Lebensführung, die unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG fallen (FG Münster vom 19.2.2019, 12 K 302/17 E).

  • Zu den üblichen Aufwendungen für die Lebensführung rechnen auch die Kosten für die Verpflegung, gleichgültig, in welcher Höhe sie tatsächlich anfallen. Unterschiede der Lebenshaltungskosten, z. B. in Ballungsgebieten und ländlichen Gemeinden, sind grundsätzlich unbeachtlich. Dies gilt auch bei einer Bulimieerkrankung.
  • Lebensmittel stellen keine Arzneimittel und damit typische und unmittelbare Krankheitskosten dar. Die zusätzlichen Lebensmittelkosten dienen weder der Heilung noch der Linderung der Erkrankung, sie sind vielmehr Ausdruck der Erkrankung. Die Nahrungsmittel haben für den Betroffenen keine therapeutische Notwendigkeit, denn die Kosten zielen nicht auf die Wiederherstellung der Gesundheit oder einer Genesung der Erkrankung ab. Die Aufwendungen für die Lebensmittel stellen weder Maßnahmen oder Medikamente noch Hilfsmittel dar, die durch einen Arzt, Therapeuten oder Heilpraktiker verordnet wurden.
  • Zudem gilt hier, dass nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können. Zwar handelt es sich bei den Lebensmittelaufwendungen nicht um Diätkost. Wenn aber der Gesetzgeber den Ausschluss sogar ärztlich verordneter Diätverpflegung – und damit krankheitsbedingten Lebensmittelaufwendungen – anordnet, so muss dies erst recht für nicht ärztlich verordnete krankheitsbedingte Lebensmittelmehrkosten gelten.

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