Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit in den 12 Monaten vor der Geburt des Kindes, das der betreuende Elternteil durchschnittlich pro Monat erzielt hat. Bei Selbstständigen ist grundsätzlich der steuerliche Gewinn des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums vor der Geburt des Kindes maßgebend – das ist im Allgemeinen das letzte Kalenderjahr (§ 2b Abs. 2 BEEG).
Was aber gilt, wenn bei Selbstständigen im letzten Einkommensteuerbescheid kein Gewinn ausgewiesen ist oder dieser nur sehr gering ist, doch in den letzten Monaten vor der Geburt des Kindes das Einkommen wesentlich höher war? Nach strenger Auslegung der Gesetzesvorschrift bestünde in diesem Fall nur Anspruch auf das Mindestelterngeld von 300 Euro, während Angestellte ein höheres Elterngeld erhalten würden.
Aktuell hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden, dass bei Selbstständigen der Gewinn des letzten Veranlagungszeitraums bzw. Steuerbescheids nur dann maßgebend ist, wenn damit keine erheblichen Nachteile für den Berechtigten verbunden sind. Ansonsten kann – entgegen der wörtlichen Gesetzesvorschrift – auch bei Selbstständigen das Einkommen der letzten 12 Monate vor der Geburt des Kindes zugrunde gelegt werden.
„Erhebliche Nachteile“ in diesem Sinne sind für den Berechtigten anzunehmen, wenn der Elterngeldanspruch bei Heranziehung des zeitnahen 12-Monatszeitraumes vor der Geburt des Kindes um mehr als 20 % höher ist als bei gesetzmäßiger Berechnung nach dem Gewinn des letzten Veranlagungszeitraumes (LSG-Urteil Niedersachsen vom 25.2.2015, L 2 EG 4/14).
Hinweis: Den Unterschied machen die Richter an folgendem Beispiel deutlich: Würde eine Mutter nach einem Ende des Vorjahres abgeschlossenen Studium im Januar eine selbstständige Tätigkeit (mit einem Einkommen von 4.000 Euro monatlich) aufnehmen und dann im November entbinden, wäre nach gesetzmäßiger Auslegung bei der Elterngeldberechnung (trotz guter Einkünfte im Zeitraum vor der Geburt des Kindes) kein Einkommensausfall zu berücksichtigen, da sie in dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes noch studiert und seinerzeit noch kein Erwerbseinkommen erzielt hatte. Ihr stünde damit lediglich ein Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro zu. Hätte die Mutter hingegen zu Beginn des Geburtsjahres eine abhängige Beschäftigung (mit ebenfalls 4.000 Euro monatlich) aufgenommen, dann könnte sie ein Mehrfaches an Elterngeld in Anspruch nehmen (etwa 1 000 EUR im Monat), weil dann die letzten zwölf Kalendermonate vor Beginn des Mutterschaftsurlaubs ausschlaggebend wären und damit auch das in den Monaten ab Januar erzielte Arbeitseinkommen erfasst würde.