Beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Dennoch kommt es häufig vor, dass Angehörige einander Darlehen gewähren. Anders als Banken sind private Darlehensnehmer nicht verpflichtet, von den laufenden Zinszahlungen für ein Privatdarlehen die 25 %ige Abgeltungsteuer an der Quelle einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Vielmehr muss der Darlehensgeber selber die Zinseinnahmen versteuern und sie hierzu in seiner Steuererklärung in der „Anlage KAP“ in Zeile 16 (2013) angeben.
Doch mit welchem Steuersatz versteuert das Finanzamt die Zinseinnahmen?
Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden:
- Verwendet der Angehörige das Darlehen nicht für Zwecke der Einkunftserzielung und kann daher die Schuldzinsen auch nicht steuerlich geltend machen, unterliegen die Zinsen beim Darlehensgeber dem Abgeltungsteuersatz von nur 25 %.
- Verwendet der Angehörige das Darlehen zur Einkunftserzielung und setzt die Schuldzinsen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben ab, belastet das Finanzamt die Zinsen mit dem persönlichen Steuersatz von bis zu 45 % (Spitzensteuersatz 42 % plus Reichensteuer 3 %).
Mit der letztgenannten Regelung will der Fiskus familiäre Steuervorteile aufgrund der Steuersatzspreizung verhindern: Denn es sollte nicht möglich sein, dass einerseits der Darlehensnehmer wegen des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs eine Steuerersparnis in Höhe seines persönlichen Steuersatzes erzielt und andererseits der Darlehensgeber für die Zinseinnahmen nur 25 % Abgeltungsteuer zahlen muss. Spannend ist nun die Frage, was genau „nahestehende Personen“ sind? Der Begriff ist im Einkommensteuergesetz nicht definiert und deshalb auslegungsbedürftig.
Das Bundesfinanzministerium meint, dass ein nahestehendes Verhältnis immer vorliegt, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i.S. des § 15 AO sind. Dazu gehören der Ehegatte oder Lebenspartner, Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern, Schwiegersohn und -tochter, Geschwister, Nichte, Neffe, Schwager, Schwägerin, Schwiegereltern, Stiefelternteil, Onkel, Tante, Pflegeeltern, Pflegekinder, Verlobte, geschiedener Ehegatte (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl. 2012 I S. 953, Tz. 136).
Aktuell hat der Bundesfinanzhof in mehreren Urteilen die weite Auslegung der Finanzverwaltung abgelehnt. Der BFH räumt zwar ein, dass unter den Begriff der „nahestehenden Personen“ auch Angehörige i.S. des § 15 AO fallen. Doch diese weite Auslegung widerspreche hier dem Willen des Gesetzgebers. Deshalb sei nicht allein das Angehörigenverhältnis maßgebend, sondern ein Beherrschungs- oder Abhängigkeitsverhältnis. Da dies bei voll-jährigen Angehörigen meist nicht der Fall ist, kann der Darlehensgeber die Kapitalerträge mit dem günstigen Abgeltungsteuersatz von 25 % versteuern. Und zwar auch dann, wenn der Darlehensnehmer die gezahlten Schuldzinsen mit dem persönlichen Steuersatz als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzt (BFH-Urteile vom 29.4.2014, VIII R 44/13, VIII R 9/13, VIII R 35/13).
Ein steuerschädliches Näheverhältnis liegt nur dann vor, wenn
- der Angehörige auf den Darlehensgeber einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder
- der Darlehensgeber auf den Angehörigen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder
- eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder
- der Darlehensnehmer und der Darlehensgeber imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Darlehensgeber oder den Angehörigen einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder
- einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat.
Lohnsteuer kompakt: Es ist unschädlich, dass durch die Steuersatzspreizung ein Gesamtbelastungsvorteil entstehen kann, indem die Entlastung des Darlehensnehmers durch den Schuldzinsenabzug in Höhe des persönlichen Steuersatzes von bis zu 45 % höher ist als die steuerliche Belastung des Darlehensgebers in Höhe des Abgeltungsteuersatzes von 25 %. „Denn das nahe persönliche Verhältnis führt nicht notwendig oder typischerweise zu einer Wirtschaftsgemeinschaft oder einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, durch die Familienangehörige in die Rolle unselbstständiger Strohmänner gedrängt würden“.
Beispiel 1: Der Ehemann gewährt seiner Gattin und den volljährigen Kindern festverzinsliche Darlehen zum Erwerb eines Mietobjektes. Die Darlehensverträge halten dem Fremdvergleich stand. Die gezahlten Schuldzinsen können die Darlehensnehmer als Werbungskosten bei den Mieteinkünften absetzen. Gleichwohl werden die Zinsen beim Ehemann – so bestimmt es der BFH – mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 % besteuert und nicht – wie es der Fiskus bisher verlangt – mit dem persönlichen Steuersatz (BFH-Urteil vom 29.4.2014, VIII R 44/13).
Beispiel 2: Die Eheleute gewähren ihrem Sohn und ihren volljährigen Enkelkindern festverzinsliche Darlehen zur Anschaffung fremd vermieteter Immobilien. Die Darlehensverträge halten dem Fremdvergleich stand. Die Zinseinnahmen sind beim Darlehensgeber (Eheleute) aufgrund der neuen BFH-Rechtsprechung mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 % zu versteuern – und nicht mit dem höheren persönlichen Steuersatz (BFH-Urteil vom 29.4.2014, VIII R 9/13).
Bei Darlehen an volljährige Kinder, für den Erwerb eines Mietobjektes, kommt bei dem Darlehensgeber der Sparerfreibetrag von 800.- Euro zur Anwendung ?
Hallo Herr Stache
finanziert Ihr Sohn mit dem Darlehen Privates, dann berücksichtigt das Finanzamt in der Steuererklärung für die Kapitalerträge automatisch den Sparerpauschbetrag. Von den Zinseinkünften, die höher sind, behält der Fiskus dann 25 Prozent Kapitalertragsteuer ein.
Ist Ihr persönlicher Steuersatz niedriger als der Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent, wird der individuelle Steuersatz für die Berechnung der Kapitalertragsteuer zugrunde gelegt, wenn Sie alle Kapitalerträge in der Steuererklärung angeben und die Günstigerprüfung beantragen.
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Rudolph
Lohnsteuer kompakt
Was passiert wenn Darlehensnehmer und -geber zum Vertragszeitpunkt nahestehende Personen waren und ein Jahr später nicht mehr. Gilt das Darlehen dann in darauf folgenden Jahren in denen kein Näheverhältnis mehr vorliegt dann trotzdem noch als Privatdarlehen zwischen Angehörigen oder ist nur maßgeblich ob im Jahr der Besteuerung ein Näheverhältnis vorliegt?
Hallo Arnd,
Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Rudolph
Lohnsteuer kompakt
Hallo,
wer legt denn die Höhe des Zinssatzes für ein Verwandten-Darlehen zur Renovierung fest? Ist ein Zinssatz in Höhe der aktuellen Bauzinsen möglich? Fließt in den Zinssatz auch die Dauer des Darlehens ein?
Viele Grüße
Shlomi
Hallo Shlomi,
über die Höhe des Zinssatzes müssen Sie sich mit der Verwandtschaft einigen. Der Zins ist also frei verhandelbar.
Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Rudolph
SteuerGo.de
Hallo Herr Rudolph,
im Artikel heißt es, der Zinssatz muss einem Fremdvergleich standhalten. Wie geht man da vor, um einen solchen Zinsvergleich einzuholen? Reicht da ein screenshot einer Darlehensvergleichplattform (smava, …), muss ich dieses Angebot vom Finanzamt im Vorfeld absegnen lassen, brauche ich was offizielles von der Bank?
In meinem Fall würde mir wegen fehlender Bonität keine Bank ein Darlehen in von mir gewünschter Höhe geben. Insofern könnte ich da gar kein „offizielles“ Fremdangebot dem Finanzamt vorlegen. Meine Eltern würden mir jedoch das Darlehen zur Immobilienfinanzierung (Renditeobjekt) gewähren.
Wie sollte man da am besten vorgehen? Haben Sie Ratschläge, Tipps oder Ideen?
Ich freue mich auf Ihr Feedback
FaPa
Hallo FaPa,
Verträge zwischen nahen Verwandten werden steuerlich nur anerkannt, wenn sie einem Fremdvergleich standhalten. Das bedeutet, dass die vertraglichen Vereinbarungen dem entsprechen müssen, was zwischen fremden Dritten üblich ist. Zudem müssen die vertraglichen Vereinbarungen auch tatsächlich durchgeführt werden. Ein Darlehensvertrag mit einem Angehörigen hält dem Fremdvergleich nicht Stand, wenn u. a. die getroffenen Zins- und Tilgungsvereinbarungen nicht durchgeführt werden und daher auch nicht nachgewiesen werden können.
Wird der abgeschlossene Vertrag von der Finanzbehörde nicht anerkannt, dann sind die entstandenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht abzugsfähig und die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen geht verloren.
Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Bei tiefergehenden Fragen wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Rudolph
SteuerGo.de
Hallo Herr Rudolph,
herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung.
Wenn ich sie jetzt richtig verstanden habe, bedeutet Fremdvergleich lediglich, dass ich mich, wie bei jedem Fremdvertrag auch, strikt am Darlehensvertrag halten muss und wie dort vereinbart tilge und Zinsen zahle und es völlig egal ist, welchen Zinssatz wir vereinbaren.
Bisher hatte ich es so verstanden, dass ich den Fremdvergleich im Vorfeld brauche, um Zins- und Tilgungssatz am derzeit üblichen Zinssatz anpasse und ich eben nicht beispielsweise 5 % tilge und lediglich 0,5% Zinsen zahle. Dieses Darlehen würde ja einem Vergleichsdarlehen mit den derzeitigen Zinssätzen der Banken (die ja mittlerweile im oberen 2-Prozent-Bereich liegen) ja nicht standhalten.
Daher rührte auch meine Frage, wie ich an ein entsprechendes Angebot komme, wenn ich aus Sicht der Bank gar nicht kreditwürdig bin.
Hatte ich dies bisher falsch verstanden und dürfte tatsächlich noch mit einem sehr niedrigen Zinssatz einen Darlehensvertrag mit meinen Eltern aufsetzen?
ich danke Ihnen herzlich für Ihre Einschätzung diesbezüglich.
Mit freundlichen Grüßen
FaPa
Hallo FaPa,
bitte haben Sie Verständnis, dass wir aus rechtlichen Gründen keine individuelle steuerliche Beratung durchführen dürfen. Wenden Sie sich daher bitte für eine verbindliche Auskunft an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt in Steuerfragen in Ihrer Nähe.
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Rudolph
SteuerGo.de
Guten Tag,
Der Ursprungsartikel sollte auf die neue BFH Rechtssprechung dringend angepasst werden, da sonst ein falscher Eindruck entsteht – sonst ist der Artikel als veraltet zu kennzeichnen. Danke
Hallo Herr Reger,
der Artikel ist mit dem entsprechenden Erscheinungsdatum gekennzeichnet.
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Rudolph
SteuerGo.de
Hallo !
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