Kindergeld bei Ausbildungsunterbrechungen: Was Eltern wissen sollten

Corona und Kindergeld: Schädliche Unterbrechung der Ausbildung?
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Für Kinder zwischen 18 und 25 Jahren besteht Anspruch auf Kindergeld – auch in Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. Doch die Corona-Pandemie hat viele Ausbildungswege verzögert. Es kam zu Ausbildungsunterbrechungen. Erfahren Sie, welche Regelungen gelten, welche Urteile bereits ergangen sind und wie Eltern ihren Kindergeldanspruch sichern können.

Für ein Kind zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr wird Kindergeld auch dann gezahlt, wenn sich das Kind in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet. Beispiel: Nach dem Abitur möchte das Kind eine kaufmännische Ausbildung beginnen, muss aber einige Monate bis zum Ausbildungsbeginn warten. Auch wenn das Kind nach dem Schulabschluss auf den Start seines freiwilligen sozialen Jahres wartet, wird für den Übergangszeitraum Kindergeld gezahlt. ABER: Der Übergangszeitraum darf maximal vier Monate betragen – so steht es im Gesetz (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG).

Sonderfälle während der Corona-Pandemie

Nun wurden die Jahre 2020 bis 2022 von der Corona-Pandemie beherrscht und viele Kinder konnten ihre Ausbildung oder ihr freiwilliges soziales Jahr nicht innerhalb von vier Monaten nach dem Schulabschluss beginnen, sondern vielleicht erst nach fünf oder sechs Monaten. Mitunter haben Kinder ihre Ausbildung auch abgebrochen und einen neuen Ausbildungsplatz gesucht, weil sie in der zunächst „gewählten“ Branche, oftmals im Bereich der Touristik oder der Gastronomie, keine Zukunftsperspektive sahen. Die Frage ist in solchen Sonderfällen, ob § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG dennoch buchstabengetreu auszulegen ist oder ob es eine Billigkeitsregelung geben kann.

Das Finanzgericht Münster hat bereits eine Billigkeitsregelung abgelehnt. Wenn das Kind coronabedingt länger als vier Monate warten musste, bevor es sein freiwilliges soziales Jahr antreten konnte, haben die Eltern ihren Kindergeldanspruch verloren, und zwar komplett für die Übergangszeit und nicht nur für den Zeitraum, der über die Vier-Monats-Frist hinausgeht. Das Kind hätte nicht einfach auf den Start des freiwilligen sozialen Jahres warten dürfen, sondern hätte sich als arbeits- oder ausbildungsplatzsuchend melden müssen. Nur dann wäre der Kindergeldanspruch (zumindest bis zum 21. Lebensjahr) erhalten geblieben (Urteil vom 14.6.2022, 13 K 745/21 Kg).

Aktuelles Verfahren beim Bundesfinanzhof

Aktuell hat auch das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht eine Billigkeitsregelung abgelehnt. Wenn der Zeitraum zwischen zwei Ausbildungsabschnitten 16 Monate beträgt, wird kein Kindergeld gezahlt, und zwar auch dann nicht, wenn die Unterbrechung der Corona-Pandemie geschuldet war (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 27.3.2024, 5 K 71/23).

Der Fall: Der Sohn des Klägers befand sich seit dem 1. August 2019 in einer Ausbildung zum Hotelfachmann. Dieses Ausbildungsverhältnis wurde mit Aufhebungsvertrag zum 30. April 2021 vorzeitig beendet. Der Kläger gab an, für seinen Sohn habe es keinen Sinn ergeben, im Anschluss in der gleichen Branche einen Ausbildungsbetrieb zu suchen. Daher meldete sich sein Sohn zunächst für eine kurze Zeit arbeitssuchend und nahm dann eine Aushilfstätigkeit in einem Hotelbetrieb in der Schweiz an.

Erst im Juli 2022 unterschrieb er nach seiner Rückkehr nach Deutschland einen neuen Ausbildungsvertrag; die Ausbildung wurde zum 1. August 2022 aufgenommen. Die Familienkasse forderte für den Zeitraum ab Mai 2021 Kindergeld zurück. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Begründung: Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG wird ein Kind berücksichtigt, wenn die Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten höchstens vier Monate beträgt. Der Gesetzeswortlaut sei eindeutig und eine „analoge Anwendung“ auf Fälle, in denen der Zeitraum aufgrund der Corona-Pandemie 16 Monate beträgt, scheide aus.

Ein Anspruch auf Kindergeld könne zwar auch bestehen, wenn eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht begonnen oder fortgesetzt werden kann ( § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG). Im Streitfall habe der Sohn des Klägers den Aufhebungsvertrag aber aus eigenem Entschluss angenommen. Im Hinblick auf die Unkündbarkeit seines Ausbildungsvertrages habe grundsätzlich die Möglichkeit bestanden, die Ausbildung fortzusetzen.

Zudem sei die Ausbildungswilligkeit im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG nicht nachgewiesen, wenn ein 21-jähriger, der seine Ausbildung als Hotelfachmann aus eigener Entscheidung während der Corona-Pandemie unterbrochen hat, nicht bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend, sondern nur als arbeitssuchend gemeldet sei und er sich auch nicht ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemühe, weil er aufgrund der Corona-Pandemie keine reellen Chancen für eine Fortsetzung seiner Ausbildung sehe.

Praxis-Tipps zur Sicherung des Kindergelds

  1. Rechtzeitige Meldung
    • Kinder sollten sich unmittelbar nach Ausbildungsabbruch bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend melden.
    • Arbeitsuchend gemeldete Kinder haben nur bis zum 21. Lebensjahr Anspruch, ausbildungsplatzsuchende Kinder bis zum 25. Lebensjahr.
  2. Ernsthafte Bemühungen nachweisen
    • Bewerbungen, Vorstellungsgespräche und Kontakte zu potenziellen Ausbildungsbetrieben sollten dokumentiert werden.
    • Diese Nachweise können entscheidend sein, um den Kindergeldanspruch zu sichern.
  3. Beratung in Anspruch nehmen
    • Bei Unsicherheiten können Eltern sich an die Familienkasse oder einen Steuerberater wenden.

Fazit: Rechtzeitig handeln, Anspruch sichern

Das Gesetz ist klar: Die Übergangszeit darf maximal vier Monate betragen, wenn Kindergeld ohne weitere Voraussetzungen gezahlt werden soll. Bei längeren Unterbrechungen bleibt der Anspruch nur bestehen, wenn das Kind arbeits- oder ausbildungsplatzsuchend gemeldet ist. In Pandemie-Fällen besteht noch Hoffnung auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs, doch Eltern sollten vorsorglich alle Anforderungen erfüllen, um ihren Anspruch zu sichern.

 

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