BEA-Freibetrag: Anforderungen an die nicht unwesentliche Betreuung

BEA-Freibetrag: Anforderungen an die nicht unwesentliche Betreuung
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Bei Geschiedenen kann der BEA-Freibetrag (für Betreuung, Erziehung und Ausbildung) unabhängig und abweichend vom Kinderfreibetrag von einem Elternteil auf den anderen Elternteil übertragen werden. Es genügt ein einseitiger Antrag des betreuenden Elternteils, ohne dass weitere Nachweise oder Begründungen vorgelegt werden müssen. Der BEA-Freibetrag kann nur für minderjährige Kinder auf einseitigen Antrag des betreuenden Elternteils übertragen werden.

Voraussetzung ist, dass das Kind bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil an keinem Tag im Jahr gemeldet ist (§ 32 Abs. 6 Satz 8 EStG).

Seit 2012 ist es zulässig, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, der Übertragung des BEA-Freibetrages widersprechen kann, wenn er Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut. In diesem Fall kann der BEA-Freibetrag nicht mehr auf einseitigen Antrag des betreuenden Elternteils  übertragen werden (§ 32 Abs. 6 Satz 9 EStG).

Die Frage ist: Wann liegt eine Betreuung „in nicht unwesentlichem Umfang“ vor?

Im Jahre 2017 hat der Bundesfinanzhof geklärt, was unter einer Betreuung „in nicht unwesentlichem Umfang“ zu verstehen ist: Dies ist der Fall, wenn der zeitliche Betreuungsanteil des barunterhaltspflichtigen Elternteils jährlich durchschnittlich 10 % beträgt, wobei weitere Indizien in diesem Fall regelmäßig vernachlässigt werden können (BFH-Urteil vom 8.11.2017, III R 2/16).

Aktuell hat das Niedersächsische FG entschieden, dass ein Vater, der seinen bei seiner geschiedenen Ehefrau lebenden minderjährigen Sohn entsprechend dem vereinbarten Umgangsrecht nahezu an jedem zweiten Wochenende abholt und betreut, einen nicht unwesentlichen zeitlichen Betreuungsanteil gemäß § 32 Abs. 6 Satz 9 EStG leistet und damit der Übertragung des ihm zustehenden BEA-Freibetrags auf die Kindesmutter wirksam widersprechen kann (FG Niedersachsen vom 19.2.2020, 9 K 20/19).

Der Fall: Der Kindesvater hat mit seiner geschiedenen Ehefrau (Kindesmutter) vor dem Familiengericht ein Umgangsrecht dergestalt vereinbart, dass er seinen Sohn in einem wöchentlichen Rhythmus jedes zweite Wochenende samstags um 10.00 Uhr abholt und sonntags um 16.00 Uhr zurückbringt. Die einfache Entfernung zwischen den Wohnorten beträgt 163 km. Vergeblich begehrt der Vater beim Finanzamt die Berücksichtigung des BEA-Freibetrag im Hinblick auf die von ihm erbrachten Betreuungsleistungen. Das Finanzamt war der Meinung, der vom Vater geltend gemachte Betreuungsumfang (2016: 45 Tage; 2017: 55 Tage) sei nicht ausreichend.

Die Finanzrichter folgen den Grundsätzen der neuen BFH-Rechtsprechung zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „nicht unwesentlichen Betreuung“ in § 32 Abs. 6 Satz 9 EStG. Danach bestehen grundsätzlich aus Vereinfachungsgründen keine Bedenken, bei einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10 % von einem ausreichenden Betreuungsumfang auszugehen (BFH-Urteil vom 8.11.2017, III R 2/16). Im Urteilsfall war zwischen den Beteiligten streitig, wie die 10 %-Grenze in zeitlicher Hinsicht zu bestimmen ist. Zählen in diesem Zusammenhang auch Tage voll mit, an denen das Kind nur einen Teil des Tages betreut wird?

Ja, sagen die Richter. Einzelne Betreuungstage zählen zur Bestimmung eines wesentlichen Betreuungsumfangs auch dann mit, wenn die Betreuungszeit nicht volle 24 Stunden umfasst. Dies gelte jedenfalls für den Fall, dass die Betreuungszeit deutlich mehr als 12 Stunden beträgt und damit über reine Besuchszwecke hinausgehe.

Selbst bei stundengenauer Abrechnung mit der Folge des Unterschreitens der Wesentlichkeitsschwelle sei gleichwohl von einem wesentlichen Betreuungsumfang auszugehen. Denn angesichts der großen Entfernung zwischen den Wohnorten des Vaters und der Mutter, die einen höheren Betreuungsanteil wegen der Arbeitsverpflichtung unter der Woche erschwere und die Betreuungszeiten in der Regel auf die Wochenenden, Feiertage und Urlaubszeiten beschränke, erscheine der Betreuungsanteil auch in diesem Fall als nicht unwesentlich.

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