Barrierefreiheit: altersgerechter / behindertengerechter Umbau und die Steuer

Barrierefreiheit: altersgerechter / behindertengerechter Umbau und die Steuer
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Unfälle, schwere Erkrankungen oder ganz schlicht und ergreifend ein höheres Alter können das Leben komplett verändern. Was gestern noch einfach war, stellt einen heute vor große Herausforderungen. Und plötzlich wird das ganz alltägliche Leben in den eigenen vier Wänden zum Hindernisparcours. Soll ein Umzug vermieden werden, muss renoviert werden – und zwar alters- bzw. behindertengerecht. Die notwendigen Investitionen können schnell fünfstellig werden. Bei uns erfahren Sie, wie Sie die Kosten für barrierearme Umbauten von der Steuer absetzen und welche Finanzierungshilfen Sie zusätzlich in Anspruch nehmen können.

 

Behindertengerechter Umbau als außergewöhnliche Belastung

 

Die Kosten für ein barrierefreies Bad, einen Treppenlift oder aber einen rollstuhlgerechten Bodenbelag können Sie vollumfänglich als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen. Das Finanzamt wird die Kosten abzüglich der zumutbaren Belastung berücksichtigen. Menschen mit Behinderung können alternativ den Behinderten-Pauschbetrag nutzen. Damit das Finanzamt die außergewöhnliche Belastung anerkennt, ist in der Regel ein ärztliches Attest notwendig, welches die Notwendigkeit des Umbaus dokumentiert.

 

Sollte die Notwendigkeit nicht gegeben sein, sondern der Umbau rein prophylaktisch zur Wertsteigerung einer Immobilie erfolgen, lassen sich lediglich die Lohnkosten der Handwerker zu 20 % von der Steuer absetzen. Die maximale Steuerersparnis darf pro Jahr die Grenze von 1.200 € nicht überschreiten.

 

Fördermittel und Finanzierungshilfen

 

Die Steuerersparnis ist für viele Menschen ein Tropfen auf den heißen Stein. Um die Belastung zu senken, sollten deshalb alle Finanzierungshilfen und Fördermittel für barrierefreie Umbauten ausgelotet werden. Sofern eine Förderung beansprucht wird, darf selbstverständlich nur der verbleibende Eigenanteil in der Steuererklärung angegeben werden. Die Zuschüsse selbst sind von den Gesamtkosten abzuziehen.

 

Bis zu 16.000 Euro Pflegekassenzuschuss

 

Ab Pflegegrad 1 beteiligt sich die Pflegeversicherung mit bis zu 4.000 € pro Person an sogenannten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen. Leben mehrere pflegebedürftige Personen im gleichen Haushalt, können die Betroffenen in der Summe bis zu 16.000 € (4 x 4.000 €) erhalten.

 

Wichtig: Der Zuschuss der Pflegekasse wird einmalig und für sämtliche barrierereduzierenden Maßnahmen gewährt. Wurde bereits Budget für ein barrierefreies Bad beansprucht, steht den Antragstellern entsprechend weniger für andere Umbauten zu Verfügung.

 

Eine direkte Kostenbeteiligung der Versicherung an Treppenliften ist bei den gesetzlichen Versicherern übrigens ausgeschlossen. Treppenlifte sind nicht als Pflegehilfsmittel im Pflegehilfsmittelkatalog des GKV-Spitzenverbandes definiert. Die privaten Versicherer sind nicht an diesen Hilfsmittelkatalog gebunden. Tipp: Nachfragen lohnt sich.

 

KfW Kredit und Zuschuss

 

Unabhängig vom Pflegegrad, dem Alter und der medizinischen Notwendigkeit können Mieter und Vermieter den Kredit 159 der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragen. Mit (ab) 0,78 % effektivem Jahreszins sind die Konditionen der staatlichen Förderbank top. Die maximale Kredithöhe beträgt 50.000 €.

 

Mit dem Zuschuss 455-B – Barrierereduzierung beteiligt sich die KfW je nach Verwendungszweck außerdem mit 10,00 % oder 12,50 % an Investitionskosten zwischen 2.000 und 50.000 Euro.

 

Gefördert werden private Eigentümer eines Ein- oder Zwei­familien­hauses mit maximal 2 Wohn­einheiten oder einer Wohnung, Erst­erwerber sanierter Ein- oder Zwei­familien­häuser (oder Wohnungen), Wohnungs­eigentümer­gemeinschaften aus Privat­personen und Mieter. Der maximale Zuschuss beträgt hier 6.250 Euro.

 

 

Rechenbeispiel
8.000 Euro Investitionskosten
4.000 Euro Pflegekassenzuschuss
= 4.000 Euro Eigenanteil (einzutragen in Einkommenssteuererklärung)
597 Euro zumutbare Belastung (bei 25.000 Euro Gesamteinkünften / Jahr und 1-2 Kindern)
= 3.403 Euro Steuerlast mindernde außergewöhnliche Belastung

 

Wichtig: Es ist NICHT möglich, den Pflegekassenzuschuss mit der KfW-Förderung zu kombinieren.

 

Allgemeine Infos zur Barrierefreiheit:

 

  • Begriffe wie „behindertengerecht“, „altersgerecht“, „barrierearm“ oder „seniorengerecht“ sind nicht gesetzlich definiert und lassen Spielraum in ihrer Auslegung.
  • „Rollstuhlgerecht“ und „barrierefrei“ unterliegen als Begrifflichkeiten hingegen den Vorgaben der Normen DIN 18040-1 (öffentliche Gebäuden) sowie der DIN 18040-2 (Wohngebäude).
  • Der Begriff „Barrierefreiheit“ ist außerdem im Paragraph 4 des BGG (Behindertengleichstellungsgesetz) definiert.
  • In einer 2019 vom Allensbach Institut für Demoskopie durchgeführten Befragung gaben lediglich 1,1 % der Teilnehmer an, innerhalb der nächsten zwei Jahre einen altersgerechten Umbau durchführen zu lassen.

 

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