Seit 2005 senden Banken im EU-Ausland von Zinsen und ähnlichen Erträge ausländischer Anleger automatisch Kontrollmitteilungen über die Auslandskonten an den deutschen Fiskus. Zuletzt hat nur noch Österreich statt Kontrollmitteilungen eine EU-Zinssteuer von 35 % einbehalten. Die EU-Zinssteuer erheben auf Druck der EU ebenfalls die Nicht-EU-Staaten Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino. Auch einige abhängige und assoziierte Gebiete der EU gehen diesen Weg.
Grundlage für die Kontrollmitteilungen und die EU-Zinssteuer ist die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie 2003/48/EG vom 3.6.2003. Die EU-Zinsrichtlinie wurde in deutsches Recht umgesetzt mit der Zinsinformationsverordnung vom 26.1.2004 (BStBl. 2004 I S. 297). Eine neue EU-Zinsrichtlinie 2014/48/EU vom 24.3.2014 sollte eigentlich die automatischen Kontrollmitteilungen über Zinserträge hinaus auf andere Kapitalerträge ausweiten. Gleichzeitig sollte dadurch die EU-Zinssteuer abgeschafft, die Erfassung verbessert und Umgehungen verhindert werden.
Doch die Umsetzung erfolgte nicht mehr – wegen neuerer Entwicklungen in schier unglaublicher Dichte und Geschwindigkeit:
- Die verschärfte EU-Amtshilferichtlinie 2014/107/EU vom 9.12.2014 erweitert den bereits ab 2015 bestehenden automatischen Informationsaustausch für verschiedene ausländische Einkünfte, wie Arbeitslohn, Lebensversicherungen, Renten und Mieteinkünfte um Finanzkonteninformationen gemäß OECD-Standard. Das bedeutet, dass erstmals für das Jahr 2016 nun auch Informationen zu Zinsen, Dividenden, Einnahmen aus bestimmten Versicherungsverträgen, Veräußerungs- und Einlösungsgewinnen sowie Kontoguthaben bis zum 30.9.2017 automatisch an den ausländischen Fiskus übermittelt werden.
- Mit der neuen EU-Richtlinie 2015/2060/EU vom 10.11.2015, die am 8.12.2015 in Kraft trat, wird die o.g. EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie zum 1.1.2016 aufgehoben. Das bedeutet: Alle EU-Staaten werden ab dem 1.1.2016 Daten nach dem OECD-Standard sammeln und diese ab 2017 untereinander austauschen. Es gilt eine Ausnahme für Österreich: Das Land wird im Jahre 2016 noch die EU-Zinssteuer auf Zinserträge einbehalten und spätestens ab September 2017 auf die ausführlichen Kontrollmitteilungen umstellen.
- Auch das vergleichbare EU-Zinsbesteuerungsabkommen vom 26.10.2004 mit der Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino wird beendet und durch das neue „Abkommen über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA)“ ersetzt. Diese Länder werden 2016 ebenfalls noch die EU-Zinssteuer erheben. Ab dem 1.1.2017 erheben sie Kontendaten von ausländischen Anlegern und ab 2018 versenden sie automatische Kontrollmitteilungen an deren Heimatländer. Gemeldet werden künftig Namen, Anschriften, Steuer-Identifikationsnummern, Geburtsdaten sowie andere Finanzdaten und Informationen über Kontensalden.
3. Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen
Aktuell wird mit der „3. Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen“ vom 18.7.2016 die deutsche Zinsinformationsverordnung vom 26.1.2004 geändert:
- Die Zinsinformationsverordnung gilt nur noch für Zinszahlungen in Deutschland, die bis zum 31.12.2015 zugeflossen sind. Dies hat zur Folge, dass die für 2015 und in den Vorjahren von Zahlstellen, Wirtschaftsbeteiligten und den Mitgliedstaaten erhobenen Daten bis zum 31.5.2016 an die Heimatländer der ausländischen Anleger weitergeleitet werden müssen (§ 17 Abs. 1 ZIV).
- Die Zinsinformationsverordnung ist weiterhin für Zinszahlungen ab dem 1.1.2016 anzuwenden. Dies gilt bis die Abkommen mit den in § 16a ZIV genannten Staaten oder abhängigen oder assoziierten Gebieten noch nicht geändert sind (siehe oben). Damit wird sichergestellt, dass die inländischen Zahlstellen und das Bundeszentralamt für Steuern auch ab 2016 die Zinsinformationsverordnung für die genannten Staaten und Gebiete anzuwenden haben. Das gilt, bis jeweils der OECD-Standard über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten anzuwenden ist, also nur noch für das Jahr 2016.
Damit ist das Bankgeheimnis für Auslandskonten ab 2016 beendet. In Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino endet es ab 2017. Nicht nur Zinsen, sondern sämtliche Kapitalerträge und Guthaben auf Konten im Ausland werden für die deutschen Finanzämter jetzt transparent.
Nur Konten in Deutschland bleiben vorerst noch halbwegs geheim. Im Inland gibt es statt Kontrollmitteilungen momentan noch die anonyme Abgeltungssteuer. Doch wenn das Sterbeglöckchen für die EU-Zinssteuer verklungen sein wird, wird bald die Totenglocke für die Abgeltungssteuer läuten.