Wenn Aktiengesellschaften fusionieren oder sich spalten, müssen die beteiligten Aktionäre häufig die Aktien ihres alten Unternehmens hergeben und bekommen dafür Aktien des neuen Unternehmens. Beim Aktientausch treten die erhaltenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile. Dadurch bleiben die steuerlichen Reserven dauerhaft verstrickt und werden erst bei einer zukünftigen Veräußerung realisiert und erst dann versteuert.
Allerdings gibt es eine fiese Steuerfalle: Wird bei einem Aktientausch zusätzlich ein Barausgleich gezahlt, ist dieser ebenso wie eine Bardividende nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig und unterliegt sofort (!) der Abgeltungsteuer (§ 20 Abs. 4a Satz 2 EStG). Diese Vorschrift ist auf Kapitalerträge anzuwenden, die seit dem 1.1.2009 zufließen.
Aktuell hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass die sofortige und volle Besteuerung der Barabfindung rechtens ist und nicht gegen höherrangiges Recht verstößt (Urteil vom 9.10.2018, 2 K 3516/17 E).
Der Fall: Der Kläger hielt in seinem Depot Aktien einer US-Gesellschaft, die er in 2013 und 2014 für insgesamt 105.080 USD angeschafft hatte. Mitte 2015 buchte seine Bank sämtliche Aktien der Gesellschaft aus seinem Depot aus und buchte dafür Aktien eines anderen US-Unternehmens ein. Zusätzlich kam es zu einem Barausgleich von letztlich fast 90.000 Euro. Die Bank erläuterte hierzu, dass die Aktien per 12.6.2015 umgetauscht würden im Verhältnis von 1 zu 0,2909 zzgl. 50,50 USD in bar wegen einer Fusion. Die angefallenen Aktienbruchteile
würden in bar vergütet. Die Bank berechnete auf den Betrag von 90.000 Euro die volle Abgeltungsteuer von 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag. Das war rechtens, wie das FG ausführt.
Begründung: Der bei einem Aktientausch gezahlte Barausgleich unterliegt gemäß § 20 Abs. 4a Satz 2 EStG in vollem Umfang als Kapitalertrag der Besteuerung nach § 32d Abs. 1 EStG. Auch ein Abzug anteiliger Anschaffungskosten ist gesetzlich nicht vorgesehen und verfassungsrechtlich nicht geboten.
Das FG hat die Revision zugelassen, die wahrscheinlich auch eingelegt werden wird. Insofern sollten Sie einen entsprechenden Fall offenhalten, bis ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vorliegt.
Beachten Sie: Der BFH hat gegen den Fiskus entschieden, dass beim Aktientausch die Steuerpflicht nicht gilt, wenn die Aktien vor 2009 erworben wurden. Erhält ein Aktionär einen Barausgleich anlässlich eines Aktientausches für vor dem 1.1.2009 erworbene Aktien, die wegen Ablaufs der einjährigen Veräußerungsfrist bereits steuerfrei waren, ist die Zahlung nicht in eine einkommensteuerpflichtige Dividende umzuqualifizieren (BFH-Urteile vom 20.10.2016, VIII R 10/13 und VIII R 42/13). Prüfen Sie also, wann die Aktien erworben wurden.
Hinweis: Übrigens gibt es eine weitere Falle, die auf den ersten Blick kaum ersichtlich ist – und zwar für Arbeitnehmer: Es ist nämlich durchaus häufiger der Fall anzutreffen, dass Arbeitnehmer, die Aktien ihres Arbeitgebers halten, diese Wertpapiere quasi zwangsweise gegen Aktien ihres neuen Arbeitgebers eintauschen müssen, wenn ihr Unternehmen verkauft, verschmolzen oder gespalten wird. Auch hier gilt: Falls die Arbeitnehmer neben den Aktien ihres neuen Arbeitgebers auch eine Barabfindung erhalten, ist diese sofort voll zu versteuern. Dabei spielen die ursprünglichen Anschaffungskosten oder die Höhe des Wertzuwachses keine Rolle. Mitunter kommt es zu vollkommen kuriosen Ergebnissen, die der Gesetzgeber nach unserem Dafürhalten nicht im Blick hatte.