Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastung absetzbar?

Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastung absetzbar?
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Die Adoption eines Kindes ist insbesondere bei Auslandsadoptionen immer mit hohen Adoptionskosten verbunden, die subjektiv als „außergewöhnliche Belastung“ empfunden werden. Doch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Aufwendungen für die Adoption eines Kindes steuerlich nicht als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art nach § 33 EStG absetzbar. Denn eine Adoption ist „nicht aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen unausweichlich, sondern beruht auf dem freien, nicht von außen bestimmten Willen“ (BFH-Urteil vom 13.3.1987, III R 301/84; BFH-Urteil vom 10.3.2015, VI R 60/11).

Seit 2021 gilt bezüglich der Adoption allerdings eine neue Rechtslage. Ein Ehepaar hat gegen die Ablehnung der Adoptionskosten daher eingewandt, dass das vorgenannte BFH-Urteil aus 2015 seit 2021 überholt sei. Seit dem 1.4.2021 sei das neue „Adoptionshilfe-Gesetz“ in Kraft. Und danach sind sämtliche Adoptionen – insbesondere Auslandsadoptionen – an der neuen Rechtslage auszurichten. Auslandsadoptionen seien nunmehr immer durch eine Fachstelle im Ausland zu begleiten.

Diese Fachstelle achte darauf, dass die Adoption dem Kindeswohl diene und lege fest, welche Voraussetzungen die Adoptiveltern mitbringen müssten. So seien ihnen beispielsweise die Kosten für den von der Fachstelle verlangten Sprachunterricht der Kinder im Ausland zwangsläufig entstanden. Die Adoptionskosten seien ebenso wie Kosten einer künstlichen Befruchtung außergewöhnliche Belastungen im Sinne von § 33 EStG. Die Eheleute verwiesen zudem darauf, dass ihnen die Aufwendungen auch aus anderen Gründen zwangsläufig entstanden seien.

So hätten sie vor der Adoption die langwierige und strapaziöse Behandlung einer künstlichen Befruchtung erfolglos auf sich genommen. Da der BFH die Aufwendungen einer künstlichen Befruchtung zur Erfüllung des individuellen Kinderwunsches als zwangsläufig anerkannt habe (z.B. BFH-Urteil vom 5.10.2017, VI R 2/17), müssten auch die Kosten einer Adoption als zwangsläufig gelten und folglich als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Die Adoption ziele ebenso wie die künstliche Befruchtung auf die Beseitigung der ungewollten Kinderlosigkeit ab.

Aktuell hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass auch nach der neuen Rechtslage ab 2021 Aufwendungen, die einem Paar aufgrund der Adoption eines Kindes entstehen, nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich absetzbar sind. Die Aufwendungen sind nicht zwangsläufig, sondern beruhen auf einer freiwilligen Entscheidung. Falls die Adoption im Falle organisch bedingter Sterilität eines Partners vorgenommen wird, stellen sie keine Krankheitskosten dar (FG Münster vom 25.6.2024, 14 K 1085/23 E).

Eine medizinische Leistung liegt weder vor noch kann der Vorgang einer Adoption einer solchen gleichgestellt werden. Die Adoption ist in erster Linie ein Mittel der Fürsorge für elternlose und verlassene Kinder, um in einer Familie aufwachsen zu können. Entsprechend fordert § 1741 Abs. 1 BGB als Grundvoraussetzung, dass die Annahme dem Wohl des Kindes dienen müsse. Die Vorstellung von einer Adoption als medizinisch indizierter Heilbehandlung oder dieser gleichgestellten Maßnahme wäre zudem, so der BFH, auch nicht mit dem Grundrecht des Adoptivkindes auf Unantastbarkeit der Menschenwürde vereinbar, weil ein solches Verständnis das Adoptivkind zu einem bloßen Objekt herabwürdigen würde, das zur Linderung einer Krankheit der Adoptiveltern diente.

Nach Auffassung der Richter erwachsen den Steuerpflichtigen Adoptionskosten auch nicht aus anderen Gründen zwangsläufig. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen für Auslandsadoptionen weder aus rechtlichen noch aus sittlichen Gründen zwangsläufig. Die Aufwendungen sind auch nicht aus anderen tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Der Entschluss zur Adoption beruht nicht auf einer Zwangslage, sondern auf der freiwilligen Entscheidung, ein Kind anzunehmen.

Fazit: Die Adoptionen sind keine (medizinischen) Heilbehandlungen. Sie sind nicht medizinisch indiziert und werden nicht in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnung der Ärzte vorgenommen. Die Adoptionen können auch nicht mit Heilbehandlungen gleichgestellt werden. Sie sind in erster Linie (rechtliche) Maßnahmen zur Begründung rechtlicher Verwandtschaftsverhältnisse, die auf dem freiwilligen Entschluss beruhen, Kinder anzunehmen. Etwas anderes folgt im Streitfall auch nicht daraus, dass die Kläger den Entschluss zur Adoption erst nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung gefasst haben.

Der Senat ist trotz dieser zeitlichen Abfolge nicht davon überzeugt, dass der Entschluss der Kläger zur Adoption unausweichlich geboten war. Der Entschluss zur Adoption beruht vielmehr – auch nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung – auf einer vom Willen der Kläger getragenen (neuen) freien Entscheidung, die ungewollte Kinderlosigkeit nunmehr durch Adoptionen zu beenden.

Es ist zu hoffen, dass die zugelassene Revision tatsächlich eingelegt wird, denn ganz aussichtlos dürfte diese nicht sein. Der VI. Senat des BFH hatte im Jahre 2013 zu erkennen gegebenen, dass er seine ablehnende Haltung möglicherweise aufgeben werde (BFH-Beschluss vom 18.4.2013, VI R 60/11), dann allerdings – aus unklaren Gründen – seine Ankündigung nicht in die Tat umgesetzt (BFH-Urteil vom 10.3.2015, VI R 60/11). Seitdem sind jedoch über neun Jahre vergangen und die Besetzung der BFH-Senate hat sich seitdem geändert. Wer weiß – vielleicht wird heute anders entschieden.

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