Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes sind zwar zu versteuern, unter bestimmten Voraussetzungen kommt aber die so genannte Fünftel-Regelung zur Anwendung. So wird zumindest eine kleine Steuerminderung erreicht. In Einzelfällen können Bestandteile der Abfindung aber ganz steuerfrei bleiben – wenn es sich nämlich um echten Schadenersatz handelt und die Zahlung nicht nur für den Ausgleich entgangener Einnahmen geleistet wird.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof (BFH) ein interessantes Urteil zur Abgrenzung zwischen steuerfreiem Schadenersatz und steuerpflichtigen Einnahmen gefällt (Urteil vom 9.1.2018, IX R 34/16).
Der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde lag, kann durchaus als dramatisch bezeichnet werden.
Es ging um einen Arbeitnehmer, der überfallen worden und seitdem schwerbehindert ist. Zunächst sah es so aus, als sei er zufällig Opfer eines Angriffs geworden. Aber nach längerer Recherche seinerseits war wohl doch davon auszugehen, dass er aufgrund seiner Tätigkeit gezielt ausgesucht worden ist. Letztlich beweisen konnte er es indes nicht. Er schloss mit seinem Arbeitgeber einen „Aufhebungsvertrag und Vergleich“.
Die Parteien verständigten sich auf mehrere Vertragsbestandteile bzw. Zahlungen. Neben einer Abfindung für die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie für mögliche Verdienstausfälle wurde ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Schadenersatz geleistet. Dazu heißt es in der Präambel des Vertrags, der Arbeitgeber bestreite den Anspruch. Es sei nicht mit Sicherheit nachweisbar, dass der Überfall auf die dienstliche Tätigkeit zurückzuführen sei. Man sei aber bereit, sich über möglicherweise bestehende und in Zukunft entstehende Schadenersatzansprüche zu vergleichen, um einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden und um beiderseitige Risiken zu begrenzen
In seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Steuerzahler, den Vergleichsbetrag für sonstigen Schadenersatz steuerfrei zu belassen. Das Finanzamt lehnte dies ab. Der Betrag sei als steuerpflichtige Abfindung zu berücksichtigen, denn es handele sich um einen Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen. Auch das Finanzgericht lehnte die Steuerfreiheit ab, unter anderem wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Entschädigung. Es komme also keine Aufteilung in die einzelnen Bestandteile in Betracht.
Der BFH hingegen hat der Revision entsprochen, die Vorentscheidung aufgehoben und den Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen. Er ist folgender Ansicht:
Ist neben einer Entschädigung für entgangene Einnahmen, die sich ihrer Höhe nach im Rahmen des Üblichen bewegt, eine weitere Zahlung vereinbart, die bei zusammenfassender Betrachtung den Rahmen des Üblichen in besonderem Maße überschreiten würde, spricht dies indiziell dafür, dass es sich insoweit nicht um eine Entschädigung für entgangene Einnahmen handelt.
Von einer Überschreitung in besonderem Maß ist auszugehen, wenn durch die zweite Teilzahlung die Höhe der Gesamtzahlung verdoppelt wird. Das heißt also: Der Schadenersatz kann steuerfrei sein.
Das Urteil liegt auf einer Linie mit den Entscheidungen des BFH vom 11.7.2017 (IX R 28/16) und vom 20.9.1996 (VI R 57/95). Es fehlt beispielsweise an einem steuerpflichtigen Ersatz für entgangene Einnahmen aus dem Anstellungsverhältnis, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Schaden ersetzt, den dieser infolge einer Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten oder einer unerlaubten Handlung des Arbeitgebers erlitten hat. Es lohnt sich also durchaus, in besonderen Fällen zu prüfen, ob ein Teil einer Abfindung steuerfrei sein kann.